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Kommission cancelt Green-Claims-Richtlinie und erntet Kritik

Kurz vor Abschluss der Gesetzgebung ist die Green-Claims-Verordnung als Teil des Green Deals gescheitert. Nachhaltige Unternehmensverbände kritisieren den Rückzieher zu Ungunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU.

Die Europäische Kommission hat angekündigt, den Entwurf für die Green-Claims-Richtlinie zurückzuziehen. Die seit zwei Jahren ausgearbeitete Direktive sollte als wichtiger Bestandteil des European Green Deals den Verbraucherschutz innerhalb der EU steigern, indem irreführende Umweltaussagen, Greenwashing und grüne Werbeversprechungen unterbunden werden. 

So hätten Unternehmen, die Umweltaussagen über ihre Produkte oder Dienstleistungen machen, bestimmte Mindeststandards einhalten müssen. Die Standards aus dem Entwurf bezogen sich darauf, wie diese Aussagen belegt und kommuniziert werden sollten.

Nachdem die EVP-Fraktion im EU-Parlament unter Manfred Weber nur kurze Zeit vor dem finalen Trilog und des Abschlusses der neuen Gesetzgebung forderte, den Vorschlag zum neuen Gesetz zurückzuziehen, ist die Kommission offenbar eingeknickt und hat den eigenen Vorschlag gecancelt. 

„Geplante Regelungen unverhältnismäßig komplex“

Eine Begründung habe die Kommission laut eines Berichts der Zeitung Taz nicht abgegeben, ebenso wenig wie die Information, ob die Weisung zum Rückzug letztlich von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (ebenfalls EVP, CDU) oder Umweltkommissarin Jessika Roswall kam. 

Klar ist, warum die EVP die erarbeitete Green-Claims-Richtlinie ablehnt: „Die geplanten Regelungen waren unverhältnismäßig komplex, hätten einen hohen bürokratischen Aufwand verursacht und hätten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stark belastet“, erklärte der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab vergangene Woche. 

Kritik seitens Bio- und Nachhaltigkeitsverbänden

Aufgrund des Rückzugs der plötzlichen Kommissionsrichtlinie befürchtet die Assoziation ökologischer Lebensmittelherstellerinnen und -hersteller (AöL) Unklarheiten bei Umweltaussagen zu Produkten und sieht die Transparenz für Verbrauchende gefährdet. 

Zwar setze die kürzlich verabschiedete Richtlinie (EU) 2024/825 zur Stärkung der Verbraucherrechte im ökologischen Wandel, die voraussichtlich in wenigen Tagen im nationalen Recht etabliert wird, bereits wichtige Standards für die werbliche Umweltkommunikation. Laut der AöL wurde die Green Claims Verordnung jedoch als notwenige Ergänzung dazu angesehen, da sie Begriffe und Aussagen der Richtlinie mit konkreten Prüfanforderungen sowie Nachweispflichten für Umweltauslobungen verbindlich regeln sollte.

„Es herrscht in weiten Teilen der Branche Einigkeit darüber, dass einheitliche und überprüfbare Standards unerlässlich sind – sowohl zur Stärkung des Vertrauens der Verbraucherinnen und Verbraucher als auch zur Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen“, erklärt AöL-Rechtsexpertin Simone Gärtner. „Insbesondere Unternehmen die Bio-Lebensmittel anbieten, die sich bereits heute den strengen Vorgaben der EU-Bio-Verordnung unterwerfen, sind auf ein ‚Level Playing Field‘ angewiesen.“ Nur so könne verhindert werden, dass irreführende Aussagen anderer Marktakteure glaubwürdige Umweltleistungen entwerten, so Gärtner.

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Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW) kritisiert den Rückzieher der Kommission scharf: „Der EVP ist es damit erneut gelungen, mit dem Stichwort Bürokratieentlastung ein zentrales Gesetz des europäischen Green Deals zu kippen“, argumentiert Prof. Dr. Katharina Reuter, BNW-Geschäftsführerin. Für Verbrauchende und Wirtschaft bleibe dadurch weiter unklar, welche Produkte und Lösungen wirklich zum Klimaschutz beitragen – und welche nur gut klingen. „Das verspielt wertvolles Vertrauen auf allen Seiten. Die Politik in Brüssel darf sich jetzt nicht von Rechtsaußen treiben lassen. Gerade in Europa zählt, dass wir verantwortliches Unternehmertum zum zukunftsfähigen Standard machen“, so Reuter.

Green Claims für KMU schwer umsetzbar

Der AöL zufolge wird der geplante Umgang mit den Green Claims aus Sicht kleiner und mittlerer Bio-Unternehmen jedoch auch kritisch bewertet. Sie befürchten erhebliche bürokratische Belastungen durch zusätzliche Nachweispflichten, die mit personellem und finanziellem Mehraufwand verbunden und für KMU schwer umsetzbar sind. Der Herstellerverband fordert daher zwar, dass weiter an klaren Regelungen zu Umweltauslobungen gearbeitet werden sollte. Jedoch sollten dabei Vorgaben entwickelt werden, die auch für mittelständische Unternehmen gut umsetzbar sind und diese nicht überfordern. 

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