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Klöckner gibt staatliches Tierwohllabel nicht auf

Die Bundeslandwirtschaftsministerin wirbt weiterhin für ein Tierwohllabel unter staatlicher Kontrolle. Aldis Ankündigung, bis 2030 ausschließlich Frischfleich aus den Haltungsformen 3 und 4 anzubieten, beobachtet sie kritisch.

Auch nach der gescheiterten Einführung eines freiwilligen, staatlichen Tierwohllabels hält Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner weiter an der Idee fest. „Es gibt den klaren Wunsch vieler Verbraucher nach einem staatlichen Tierwohlkennzeichen, das glaubwürdig ist und ein Mehr an Tierwohl schnell erkennbar macht“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Ihrer Ansicht nach ist das Label „Haltungsform“ der Initiative Tierwohl, das der konventionelle Handel seit rund zwei Jahren auf Fleisch-Verpackungen druckt, nicht ausreichend. „Die Kennzeichnung des Handels gibt lediglich die Haltung in der Mast wieder“, so Klöckner. „Aber Tierwohl hat zum Beispiel bei Schweinen etwas mit dem Ferkel-Aufwuchs zu tun, auch der Transport spielt eine Rolle.“

Klöckner sagte der DPA, die neue Regierung müsse die Frage beantworten, ob sie lediglich den Status quo abbilden wolle. „Dann macht sie eine Haltungskennzeichnung. Oder will sie eine Transformation hin zu mehr Tierwohl voranbringen und sichtbar machen?“ Die Ministerin warb dabei erneut für ihr Modell als „Positiv-Kennzeichen“, das höhere, über dem Gesetz liegende, Standards abbilde.

Dass Klöckners Tierwohllabel Mitte Juni vom Tisch war, hatte insbesondere auch damit zu tun, dass es nicht verpflichtend sein sollte. Kritik daran kam neben dem Koalitionspartner SPD und der Opposition auch aus der Biobranche. „Klöckners Labelkonzept setzte auf Freiwilligkeit, bot wenig Tierwohl, grenzte Ökobetriebe aus und bezog sich vorerst nur auf Schweine“, kritisierte Gerald Wehde, der bei Bioland den Bereich Agrarpolitik leitet.

LEH und Discounter versprechen mehr Tierwohl

Klöckner argumentiert, dass ein verpflichtendes Label gegen das geltende EU-Recht verstoßen würde. Unterstützung bekommt sie von den Verbraucherzentralen. Dort befürwortet man ein staatliches Logo, ist aber ebenfalls der Ansicht, dass das im EU-Binnenmarkt nicht mit einem nationalen Alleingang obligatorisch gemacht werden könne. Die Umweltorganisation Greenpeace indes beruft sich auf ein bereits 2018 eingeholtes Gutachten, wonach ein verpflichtendes Label mit EU-Recht vereinbar wäre.

Die aktuelle Diskussion um mehr Tierwohl hatten große LEH- und Discountketten wie Rewe, Kaufland, Lidl, Aldi und Netto jüngst aufgegriffen und bekannt gegeben, in Zukunft nur noch Frischfleisch aus höheren Haltungsformen zu verkaufen.

Den Anfang machte Aldi mit der Ankündigung, ab 2030 nur Frischfleisch von Rindern, Schweinen, Hähnchen und Puten aus den Haltungsformen 3 und 4 der Initiative Tierwohl anbieten zu wollen. Die Initiative Tierwohl ist ein Zusammenschluss der Landwirtschaft, Fleischwirtschaft sowie Unternehmen aus dem LEH und Discount. Um die Kontrollen der Tierbetriebe kümmert sich die Initiative selbst.

Haltungsformen 1-4 der „Initiative Tierwohl“

1 Stallhaltung

2 StallhaltungPlus

3 Außenklima

4 Premium

Details zu den Haltungsformen (Haltungsform.de)

Das Deutsche Tierschutzbüro kritisiert Aldis werbewirksamen Vorstoß. Eine Umstellung auf die Haltungsstufen 3 und 4 halten die Tierrechtler nicht für ausreichend, um Tierwohl zu garantieren. Selbst die als „Premium" bezeichnete Stufe 4 sei aus Tierschutzsicht sehr kritisch zu beurteilen. Hier stünden etwa einem Schwein 1,5 Quadratmeter Platz zur Verfügung, so Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros. „Sogenannte Spaltenböden, auch im Außenbereich sind nicht ausgeschlossen.“ Zudem könnten Sauen weiterhin in Kastenständen gehalten werden, „denn keine Haltungsstufe schließt dies explizit aus.“

Auch Klöckner beobachtet Aldis Ankündigung kritisch: „Man kann nur hoffen, dass das keine PR-Aktion ist“, sagte sie der DPA. Bislang sei unklar, ob der Discounter den Tierhaltern für die nötigen Mehrkosten bei einer Umstellung auf höhere Standards auch höhere Preise bezahle.

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