Demnächst soll die Europäische Kommission entscheiden, ob die Öko-Zertifizierungsstellen Control Union Certifications (CUC), Ecocert SA, Lacon und One Cert International von der Liste der Behörden und Kontrollstellen genommen werden, die berechtigt sind, landwirtschaftliche Lebens- und Futtermittel aus Indien als Bio zu zertifizieren. Hintergrund: Im Herbst 2020 waren in konventionellen und ökologischen Sesamsamen aus Indien, später auch in anderen Lebensmitteln, Kontaminationen von Ethylenoxid (ETO) gefunden worden.
ETO ist ein Desinfektions- und Pflanzenschutzmittel, das seit 1979 in der EU verboten ist. Es gilt als krebserregend und erbgutverändernd. Aufgrund von Kontaminations-Funden wurden Lebensmittel zurückgerufen. Für Lebensmittel, die als besonders gefährdet gelten, beispielsweise Ingwer, Guarkernmehl, Sesam oder Kurkuma, müssen Analysezertifikate aus Indien vorgelegt werden und Analysen bei der Einfuhr sind obligatorisch. Zusätzlich lassen Importeure oder weiterverarbeitende Betriebe diese Lebensmittel konsequent auf Kontaminationen untersuchen.
Dachverband kritisiert Vorgehensweise
Dass Öko-Kontrollstellen ihre Zulassung für Lebens- und Futtermittel aus Indien verlieren sollen, sieht Dr. Jochen Neuendorff, Vorstand im europäischen Dachverband der Öko-Kontrollstellen EOCC, durchaus kritisch. Es sei richtig, dass Bio-Kontrollstellen ihre Arbeit erledigen und prüfen müssen, ob ein Produkt den Bio-Regeln entspricht. Diese lassen die Verwendung von ETO nicht zu. „Hier waren lebensmittelrechtliche Höchstmengen überschritten. Die Ware war nicht mehr zum Verzehr geeignet.“
Doch weder die zuständigen indischen noch die zuständigen Lebensmittelkontrollbehörden der EU hätten die kontaminierte Ware beanstandet. Sonst wären mit ETO kontaminierte Produkte gar nicht erst in den Handel gekommen. „An erster Stelle haben die amtlichen Kontrollen nicht gegriffen“, stellt Neuendorff fest. Doch mit dem drohenden Zulassungsentzug für Öko-Kontrollstellen werde der Schwarze Peter nur den Bio-Akteuren zugeschoben.
Lieferengpässe befürchtet
Sollte die EU-Kommission die vier beanstandeten Öko-Zertifizierungsstellen von der Zulassungsliste streichen, bedeutet das zwar nicht das Aus für Öko-Lebensmittel aus Indien. Denn es gibt weitere Kontrollstellen, die solche Aufgaben übernehmen können. Großhändler und Hersteller wie GEPA, Arche Naturprodukte oder Heuschrecke rechnen jedoch mit Lieferengpässen, die sich eventuell nicht überbrücken lassen, „vor allem bei Demeter-Produkten“, befürchtet Ursula Stübner von Heuschrecke.
Manche indische Öko-Kooperativen haben schon neue Kontrollstellen beauftragt, andere sind bereit, das zu tun. Ute Schulze vom Asien-Spezialisten Arche Naturprodukte wäre auch bereit, nach Lieferanten aus anderen Ländern zu suchen. „Aktuell müssen wir flexibel sein, um die hohe Qualität unserer Produkte weiter zu sichern.“ Die Herausforderungen, mit denen die Bio-Lebensmittelbranche derzeit konfrontiert werde, seien groß. Terrasana hat in Anbetracht der unsicheren Situation die für Oktober geplante Markteinführung einer Reihe von Currysaucen aus Indien zurückgestellt.
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