Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Engpässe in der Lieferkette

In der Bio-Branche wird das Papier knapp

Hersteller und Händler haben derzeit Mühe, an ausreichend Papier zu kommen. Langjährige Partnerschaften mit Lieferanten helfen zwar, dennoch bleibt die Prognose ungewiss.

Ob persönlich, am Telefon oder per E-Mail: Gleich mehrere Bio-Hersteller haben in den vergangenen Wochen gegenüber dem BioHandel über Engpässe und Preissteigerungen bei Verpackungsrohstoffen berichtet. Die Knappheit ziehe sich durch alle Sortimente, sagte etwa Eva Kiene, Pressesprecherin bei Rapunzel, auf der Bio West in Düsseldorf.

Vor allem Papier sei betroffen, sowie Kartonagen für Umkartons. „Dadurch erhöhen sich die Vorlaufzeiten für manche Materialien wie Etiketten oder Papierbeutel deutlich. Das wirkt sich vor allem auf unsere Planung aus: Diese wird diffiziler und wir müssen in anderen Zeiträumen denken.“ Dennoch verpackt das Unternehmen aus Legau im Allgäu seine Pasta neuerdings in Papier. Die italienische Manufaktur, von der Rapunzel seit 1989 Penne, Spaghetti & Co. bezieht, habe dafür eigens eine neue Verpackungsanlage angeschafft. Die Umstellung erfolge sukzessive: „Wir wollen keine Folie verschwenden“, so Kiene.

Lieferkettenengpässe und die Folgen der Coronakrise hatten bereits im vergangenen Jahr zu steigenden Preisen auf dem Papiermarkt geführt. Vor allem zur Papierherstellung notwendige Rohstoffe wie Altpapier oder Zellstoff haben sich überdurchschnittlich verteuert, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte. So haben sich die Großhandelspreise für gemischtes Altpapier im September 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als verdreifacht (+222,4 Prozent). Papier- und Pappereststoffe waren im Großhandel um 147 Prozent teurer. Die Einfuhrpreise für aus dem Ausland importiertes Altpapier lagen 75 Prozent über denen im September 2020.

Die Spielberger Mühle, die eine Mehrzahl seiner Getreideprodukte standardmäßig in Papiertüten füllt, antwortet auf Anfrage von BioHandel: „Der Papiermarkt ist zwar stark in Bewegung und unsere Lieferanten mussten in den letzten Wochen mehrfach die Preise anheben.“ Das Unternehmen geht jedoch davon aus, dass es die benötigten Mengen auch in Zukunft erhalten wird. „Dies ist sicherlich auch der langjährigen Partnerschaft mit unserem Verpackungslieferanten zu verdanken, der frühzeitig die Papiermengen für unseren Bedarf ordern kann“, teilt Charlotte Ruck, Marketing Spielberger Mühle, mit.

Ralf Hoppe, Vertriebschef bei Bauck, verweist im Gespräch mit dem BioHandel ebenfalls auf langjährige Verträge bei vielen Partnern, auf die der Getreide-Hersteller „zum Glück“ zurückgreifen könne. Ähnlich bei Lebensbaum: Laut Jan Kühn, Pressesprecher beim Tee-Hersteller, habe das Unternehmen das Problem Papiermangel „durch langfristige Partnerschaften und vor allem rechtzeitige Rohmaterial-Dispositionen relativ gut im Griff“.

Der österreichische Tee- und Kräuterspezialist Sonnentor bekomme die Verknappung laut Pressesprecherin Marie Theres Chaloupek am ehesten bei Pappe für Transportkartons, Tee- und Gewürz-Schachteln zu spüren. „Durch Änderungen unserer Produktionsplanung beziehungsweise eine flexible Gestaltung der Vorproduktion, können wir das derzeit noch gut ausgleichen. Wir müssen die Materialien allerdings bis zu einem Jahr im Vorhinein bestellen und haben keine Preisgarantie.“ Aber auch sämtliche Werbemittel und das unternehmenseigene Kundenmagazin seien betroffen. Die Folge: „Wir müssen das Papier immer rechtzeitig vorbestellen und auch genau abwägen was wir tatsächlich umsetzen“, so Chaloupek.

„Unser Ziel bleibt nach wie vor, unser gesamtes Sortiment in 100 Prozent Papier zu verpacken“

Interview mit Bianca Fink, Marketing Spielberger Mühle

Frau Fink, Spielberger bietet seit kurzem Backmischungen für Kuchen, Brote und Pizzateig an. Außerdem gibt es für die schnelle Küche nun auch eine Grünkernburger- und eine Falafelmischung. Alle Produkte sind in 100 Prozent Papier verpackt. Warum Papier?

Als Teil der Ökobewegung setzen wir uns konsequent dafür ein, die Natur, das Klima und damit unser aller Lebensraum zu schützen. Wer ökologisch denkt, muss Plastik meiden und vermeiden, wo er kann. Denn Plastik verbraucht wertvolle Ressourcen, befeuert die Erderwärmung und der Abfall zerstört ganze Ökosysteme. Wir setzen auf Beutel aus 100 Prozent Papier als ökologische Verpackungslösung, denn Papier wird – im Gegensatz zu Plastik – aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und hat mit 88 Prozent eine sehr hohe Recyclingquote. Da unsere Verpackungen komplett aus Papier bestehen, können sie problemlos im Altpapier gesammelt werden und durch Wiederverwertung kann daraus dann etwas Neues entstehen. Unseren Papierverbrauch für unsere Verpackungen gleichen wir durch Baumpflanzungen und Waldpflege im Rahmen unserer Waldpatenschaft zudem jedes Jahr zu 100 Prozent aus und geben damit der Natur zurück, was wir an Ressourcen verbrauchen.

Backmischungen für Kuchen etwa enthalten mitunter verschiedene Komponenten für den Boden und den Belag. Wie werden die in Ihren Verpackungen getrennt?

Um unseren Anforderungen einer plastikfreien Verpackung auch bei Produkten mit mehreren Komponenten gerecht zu werden, mussten wir einen langen Weg gehen und viele neue Ideen entwickeln. Nach vielen Tests haben wir endlich die Lösung gefunden: Die verschiedenen Komponenten, wie zum Beispiel Boden und Belag, werden in separate Papierbeutel gefüllt. Mit einer Banderole werden die beiden Papierbeutel dann verbunden und oben am Falz zusammengeklammert. Durch diese innovative Verpackung kommen alle Neuprodukte ganz ohne Plastik oder Faltschachtel aus und verursachen damit über 50 Prozent weniger Verpackungsmüll als vergleichbare Produkte mit Faltschachtel. So wiegt beispielsweise der gesamte Twinpack unseres Zitronenkuchens mit Kuchen und Glasur gerade einmal 21 Gramm. Alleine die Faltschachtel eines vergleichbaren Produktes anderer Hersteller wiegt bereits das Doppelte und verbraucht dadurch auch doppelt so viel Papier – und das Plastik für den Innenbeutel kommt natürlich noch dazu.

Verpackungen aus 100 Prozent Papier sind ökologisch sinnvoller. Ökonomisch hingegen eher nicht. Es mangelt an Papier, was die Preise immer weiter steigen lässt. Kann man so dauerhaft konkurrenzfähig bleiben verglichen mit Herstellern, die ihre Fertigmischungen zum Beispiel in Folie verpacken?

Für uns bei der Spielberger Mühle liegt der Fokus nicht auf dem günstigsten Preis, sondern darauf, die Lösung zu finden, die ökologisch sinnvoll und mit unseren Werten vereinbar ist. „Wirtschaftlichkeit“ sollte nicht der alles legitimierende Faktor sein, der Entscheidungen rechtfertigt, die unserer Umwelt schaden. Deshalb bleibt unser Ziel nach wie vor unser gesamtes Sortiment in 100 Prozent Papier zu verpacken.

Convenience-Produkte sind beliebt, auch bei Käufern im Bio-Fachhandel. Etliche Marken bieten inzwischen ein umfangreiches Sortiment an Fertigmischungen an. Abgesehen von der Verpackung: Wie versucht sich Spielberger hier abzuheben?

Sicherlich ist die innovative, ökologische Verpackung eines der größten Unterscheidungsmerkmale und ein guter Grund, sich für unsere Mischungen zu entscheiden. Aber das bleibt nicht der einzige Vorzug. Wie alle unsere Produkte sind auch die neuen Mischungen exklusiv im Bio-Fachhandel erhältlich. Dadurch heben wir uns deutlich von anderen Marken ab, denn wir sind die einzige Marke, die zu 100 Produzent exklusiv für den Fachhandel verfügbar ist. Damit können unsere Partner:innen im Fachhandel unsere Produkte ihren Kund:innen exklusiv anbieten, sich damit vom konventionellen LEH abheben und ihre Kundschaft an sich binden. Durch die schmale Verpackung ohne Faltschachtel benötigen unsere Neuprodukte außerdem deutlich weniger Platz im Regal als vergleichbare Produkte, sodass auf derselben Regalbreite doppelt so viele Produkte platziert werden können. Darüber hinaus überzeugen unsere Produkte Kund:innen dank erprobter Rezepturen mit einer einfachen Zubereitung und, sie punkten mit vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten durch Rezeptvarianten.

Das Interview führte Michael Stahl.

Auch Händler sind betroffen

Doch nicht nur den Herstellern macht der Papiermangel zu schaffen. „Die angespannte Situation auf dem Papiermarkt bekommen auch wir im BioMarkt Verbund zu spüren“, teilt Lukas Nossol, Leitung Kommunikation beim Biomarkt Verbund, mit. „Wir erleben, dass sich Nachbestellungen mitunter verzögern und sich die derzeitige Lage vor allem in einem deutlichen Preisanstieg niederschlägt.“ Bis auf wenige Ausnahmen könne der Verbund auf ausreichend Verpackungsmaterial zurückgreifen. Vereinzelt komme es in den Märkten zu Engpässen im Bereich Service-Verpackungen, „etwa bei Tragetaschen, Snackverpackungen oder Boden- beziehungsweise Faltbeuteln“, so Nossol.

Die Bio Company teilt mit, Verpackungsmaterialen in FSC- und Recycling-Qualität seien bei der Bio-Supermarktkette noch in ausreichender Menge vorhanden. „Dies gilt beispielsweise für Serviceverpackungen für den Bereich Obst und Gemüse oder Backwaren.“

Bei Weiling sind Papierverpackungen, Kartonagen und Serviceartikel für den Thekenbereich knapp, teilt eine Sprecherin mit. Durch enge Absprachen mit den Vorlieferanten und eine etwas längere Vorlaufzeit schaffe es der Großhändler aber, seine Versorgung weiterhin zu gewährleisten. „Gerade jetzt zeigt sich, wie wichtig langjährige Lieferantenbeziehungen sind“, so die Sprecherin.

Nicht nur Papier ist knapp

Andere Verpackungsmaterialien wie Kunststoff oder Glas seien aufgrund der generell angespannten Situation auf den Rohstoffmärkten ebenfalls kaum verfügbar, teilt etwa der Biomarkt Verbund aus eigener Erfahrung mit. Der Händler-Zusammenschluss bemühe sich deshalb verstärkt um Mehrwegalternativen. „Entsprechende Systeme sind allerdings nicht immer sofort umsetzbar, da sie entlang der gesamten Lieferkette etabliert werden und reibungslos ineinandergreifen müssen.“ Bis dahin sind Händler wie Hersteller auf die klassischen Verpackungsmaterialien angewiesen. Wie sich deren Verfügbarkeit in Zukunft entwickelt, lässt sich derzeit nur schwer prognostizieren.

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