100 Jahre Demeter
Jede Idee hat ihre Zeit. Die für eine nachhaltige Landwirtschaftsform war Anfang des 20. Jahrhunderts gekommen: Damals bemerkten Landwirte einen Rückgang der Bodenfruchtbarkeit, der Lebensmittelqualität und der Gesundheit ihrer Tiere und Pflanzen. Angesichts der aufkommenden künstlichen Düngung sorgten sie sich um die Zukunft ihrer Betriebe.
Einige Bewirtschafter von großen Betrieben, die der Anthroposophie nahestanden, allen voran Carl Graf von Keyserlingk, baten Rudolf Steiner um Rat. Er hatte bereits neue Konzepte für andere Bereiche initiiert, wie die Waldorfpädagogik und die anthroposophische Medizin. An Pfingsten 1924 hielt Rudolf Steiner auf dem Gut von Graf von Keyserlingk im schlesischen Koberwitz (heutiges Polen) vor hundert Bio-Bauern acht Vorträge: „Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“. Noch während des „Landwirtschaftlichen Kurses“ wurde ein Versuchsring gegründet – der Vorläufer der heutigen Demeter-Organisationen.
1927 wurden Weizen und Kartoffeln mit dem Schriftzug „Demeter“ verkauft; das erste tierische Produkt war Milch (1974) und Holle war 1934 der erste Demeter-Verarbeiter-Betrieb.
Die Marke Demeter steht für verbindliche Regeln und Werte
In den vergangenen 100 Jahren setzten Demeter-Bäuerinnen und -Bauern die Pfeiler für den Ökolandbau, wie wir ihn heute kennen: Sie entwickelten ein Bewirtschaftungssystem, gaben sich verbindliche Regeln und zeigten ihre Werte mittels einer Marke nach außen.
Die Idee des in sich geschlossenen landwirtschaftlichen Betriebskreislaufs wurde richtungsweisend. Heute bewirtschaften weltweit über 7.000 Landwirte in 63 Ländern mehr als 255.000 Hektar Demeter-zertifizierte Fläche; etwa 1.300 Unternehmen verarbeiten Demeter-Lebensmittel. Durch ihre Arbeit nach den Methoden der biodynamischen Wirtschaftsweise leisten Demeter-Landwirte mehr, als die Mindeststandards des EU-Biosiegels verlangen.
Und was plant der älteste Bioverband für die nächsten hundert Jahre? Demeter versteht sich als Entwicklungsgemeinschaft. Gemeinsam mit den Mitgliedern, unter anderem auch aus Forschung und Handel, setze man sich ein „für eine zukunftsgerichtete Art der Land- und Ernährungswirtschaft, die gut ist für Mensch, Tier und Natur“.
50 Jahre Allos
Pioniere schreiben die schönsten (Erfolgs-)Geschichten. So auch Walter Lang: Vor 50 Jahren wollte der Chemiker sein Leben grundlegend verändern. Er entschied sich gegen die Arbeit mit chemischen Substanzen und für einen autarken Lebensstil. Er hängte seinen Job an den Nagel und kaufte einen alten Fachwerkhof im niedersächsischen Ort Drebber, um sich und seine Familie dort selbst zu versorgen. Nahrung, unverfälscht und wie von der Natur vorgegeben, sah er als Heilmittel.
Was zunächst als Selbstversorger-Hof geplant war, entwickelte sich schnell zu einer der ersten Bio-Marken in der aufkeimenden Naturkostszene. Der Hof in Drebber wurde zu Walter Langs Refugium – einem Ort, an dem er seine Visionen einer nachhaltigen Lebensweise umsetzen konnte. Das erste Produkt waren handgefertigte Fruchtschnitten. Sie waren ursprünglich als Alternative zu herkömmlichen Süßigkeiten für seine Kinder gedacht.
In den frühen Tagen war die Produktion eine Ein-Mann-Show und Walter Lang übernahm die Produktion und das Verpacken selbst. Bald hielten die Produkte Einzug in die ersten Naturkostmärkte. Die Fruchtschnitten gibt es übrigens bis heute, mittlerweile heißen sie Frucht-Riegel. Hinzu kamen Produkte wie Cerealien, pflanzliche Drinks, süße und herzhafte Aufstriche, Kekse und Tee. Inzwischen gehört Allos zum multinationalen Unternehmen Ecotone und zählt dadurch zu den größten Bio-Lebensmittelherstellern in Europa. Seinen Wurzeln ist die Marke Allos nach eigener Aussage treu geblieben: „Bis heute sind wir als Bio-Pionier ein Unternehmen mit Mission.“ Und die lautet: „Food for Biodiversity“. So sollen in den nächsten Jahren unter anderem Biodiversitätsprojekte für den Rohstoffanbau weiterentwickelt werden.
50 Jahre Dennree
Anfang der 70er-Jahre: Nach den Wirtschaftswunderjahren wächst der Wohlstand. Zugleich werden die Folgen des Wachstums für die Natur erkennbar. Immer mehr Bäuerinnen und Bauern suchen nach alternativen Ansätzen zur industriellen Landwirtschaft. Auch Thomas Greim. Selbst überzeugt von der biologisch-dynamischen Landwirtschaft erkennt er, dass der Bio-Ansatz das Potenzial hat, eine relevante gesellschaftliche Bewegung zu werden.
Und hier beginnt die Geschichte von Dennree: 1974 – mit vier Milchprodukten, Pioniergeist, Sinn fürs Geschäft und einem Opel Blitz. Auf einem Hof in der Nähe von München findet der damals 22 Jahre alte Thomas Greim in der Familie Steyrer Mitstreiter. In Schattenhofen gründet er das erste Dennree-Vertriebszentrum. Von dort liefert er mehrfach pro Woche Milchprodukte aus.
50 Jahre später beliefert sein Handelshaus 1.200 Naturkostfachgeschäfte in Deutschland, Österreich, Luxemburg und Südtirol. Seit 2003 betreibt Dennree eigene Biomärkte. Durch den Zusammenschluss mit selbstständigen Bio-Märkten zählt der Verbund inzwischen 530 Märkte in Deutschland und Österreich.
Im Januar 2024 sind Mareike und Joseph Nossol neben ihrem Vater in die Geschäftsführung eingetreten. Die Unternehmerfamilie will „Bio weiter groß denken“.
50 Jahre Rapunzel
„Veränderung ist das einzig Beständige“ – lautet Joseph Wilhelms Leitspruch. Ihn hier zu zitieren passt besonders gut, denn im Jubiläumsjahr hat sich der Rapunzel-Gründer aus der Geschäftsführung zurückgezogen und an seine Kinder übergeben.
Was 1974 in einer Selbstversorger-Gemeinschaft mit 20 Quadratmeter großem Naturkostladen begann, hat sich zu einem Unternehmen mit 520 Mitarbeitenden und dem Besucherzentrum „Rapunzel Welt“ entwickelt.
Die Hälfte der Produkte werden am Firmenstandort in Legau im Allgäu hergestellt, der Rest von langjährigen Partnern. Durch eigene Anbauprojekte in der Türkei oder direkte Rohstoffbeschaffung engagiert sich das Unternehmen für den Bio-Landbau weltweit. Zudem unterstützt Rapunzel Bio-Saatgutprojekte und engagiert sich gegen Gentechnik und Ackergifte.
1987 brachte Rapunzel die weltweit erste Bio-Schokolade auf dem Markt. Um auch in den Ländern des globalen Südens, aus denen Rohstoffe wie Kakao und Rohrohrzucker kommen, soziale Verantwortung zu übernehmen, gründete Rapunzel das Fairhandels-Programm „Hand in Hand“.
Gemeinsam mit Margit Epple führen Wilhelms Kinder Leonhard Wilhelm, Seraphine Wilhelm und Rosalie Dorn Rapunzel in die Zukunft. Dass Markt, Kundschaft und Handel sich stets verändern, dessen sind sie sich bewusst. Von ihrem Vater wissen sie ja: Nur der Wandel hat Bestand.
50 Jahre Demeter-Molkerei Schrozberg
Als der heutige Molkerei-Vorstand Siegfried Meyer seinen Hof im Jahr 1974 auf Demeter umstellte, galt er unter seinen Berufskollegen als „Spinner“. Kühen die Hörner zu lassen, guten Acker als Weide zu nutzen, Landwirtschaft ohne Kunstdünger und Pestizide zu betreiben – das war damals unvorstellbar. Das Spritzen biologisch-dynamischer Präparate machte Meyer dann vollends zum Sonderling.
In drei bis vier Jahren, so lautete die Schätzung der Kollegen, gehe Siegfried Meyer mit dem im Jahr 1900 gegründeten Hof pleite. Es kam anders. Entscheidend für den Erfolg des Pionierbetriebs war, dass die Molkereivorstände 1974 beschlossen, Demeter-Milch zu erfassen und zu verarbeiten. Wegen der hohen Kosten dafür bekamen Demeter-Bauern damals weniger Milchgeld als ihre konventionellen Kollegen. Dafür war ihre Milch aber gefragt: Kunden und Kundinnen der ersten Stunde haben sie noch selbst in der Molkerei abgeholt und in Stuttgart verteilt.
Der heutige Geschäftsführer der Molkerei Schrozberg, Friedemann Vogt, hat in einer Konzern-Molkerei gelernt. Auch er wurde in der Branche belächelt, als er 2002 die Molkereiführung übernahm. Anders als Pionier Siegfried Meyer konnte er aber auf gesellschaftliche Akzeptanz bauen. Die Kundschaft mache es möglich, dass es die Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken und die Demeter-Molkerei Schrozberg in der jetzigen Form gibt, sagt Vogt. Über die Zukunft, da ist man sich bei Schrozberg sicher, wird auch weiterhin am Kühlregal entschieden.
Noch mehr Geburtstage
Es gibt 2024 nicht nur Jubiläen zu feiern, sondern auch runde Geburtstage bekannter Branchenvertreter. Wir gratulieren!
- 160 Jahre Praum & Sommer
- 90 Jahre Holle Baby Food
- 60 Jahre Pural Vertriebs GmbH
- 40 Jahre Davert
- 40 Jahre Bio Planète
- 40 Jahre Alnatura
- 30 Jahre Cha Dô
- 30 Jahre GSE-Vertrieb
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