Am Donnerstag hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) das Ergebnis ihrer Risikoeinschätzung für das chemische Unkraut-Vernichtungsmittel Glyphosat bekanntgegeben. Trotz festgestellter Datenlücken und ungeklärter Fragen habe sie „keine kritischen Problembereiche ermittelt, die in Bezug auf das von Glyphosat ausgehende Risiko für Mensch und Tier oder die Umwelt Anlass zu Bedenken geben“. Auf Basis des Gutachtens will die EU darüber entscheiden, ob Glyphosat auch über den 15. Dezember 2023 hinaus verspritzt werden darf.
Die Risikoeinschätzung der EFSA löste Empörung bei zahlreichen Umweltorganisationen aus. In einer gemeinsamen Presseerklärung kritisieren das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BeL), Greenpeace, das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany), die Coordination gegen Bayer-Gefahren, Slow Food Deutschland und Ekō, dass die EFSA bei ihrer Bewertung zahlreiche unabhängige wissenschaftliche Studien vernachlässigt habe, die Glyphosat mit schwerwiegenden Gesundheits- und Umweltproblemen in Verbindung bringen.
Das kritisieren Umweltverbände
Stephan Paulke vom BeL verweist auf eine eigene Studie zur Pestizidbelastung der Luft: „Unsere Studie beweist, dass sich der Wirkstoff über die Luft überall hin verbreitet.“ Laut EFSA gelte eine Verfrachtung von Glyphosat über die Luft jedoch als ausgeschlossen.
Kritik kommt auch von Peter Clausing, Toxikologe beim PAN Germany: „Unabhängige Forschungsergebnisse haben einen Mechanismus für die Krebsverursachung durch Glyphosat offenbart.“ Sie belegten unter anderem auch, dass der Wirkstoff negative Auswirkungen auf das Bodenleben und die Artenvielfalt habe.
In einer Mitteilung auf ihrer Webseite räumt die EFSA ein, dass die verfügbaren Informationen keine eindeutige Bewertung der Risiken für die Biodiversität zuließen. Auch fehlten einige Informationen über die Giftigkeit eines der Glyphosat-Bestandteile. Für 12 von 23 vorgeschlagenen Verwendungen von Glyphosat wurde sogar ein hohes langfristiges Risiko für Säugetiere ermittelt.
Aus für Glyphosat gefordert
Nachdem die Genehmigung für das Herbizid in der EU bereits einmal verlängert wurde, werden die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten nun über eine Erneuerung der Genehmigung beraten. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme fordern die Umweltorganisationen die deutsche Bundesregierung und alle EU-Mitgliedstaaten auf, trotz der Einschätzung durch die EFSA, gegen die Wiedergenehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene zu stimmen.
Christiane Huxdorff, Landwirtschafts-Expertin bei Greenpeace wies darauf hin, das Glyphosat immerhin 30 Prozent des gesamten Herbizid-Einsatzes in der EU ausmache. „Eine Verlängerung von Glyphosat steht in direktem Widerspruch zum EU-Ziel einer Halbierung des Pestizideinsatzes im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie und der Farm-to-Fork-Strategie.“ (frw)
Infos zu Glyphosat und Aktionen dagegen
Unabhängige wissenschaftliche Information zu Glyphosat bietet die neue Homepage stopglyphosate.eu der europäischen Stop-Glyphosate-Koalition.
Mit einer großangelegten Kampagne informiert das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BeL) zur geplanten Wiederzulassung von Glyphosat.
Petition vom BeL und Greenpeace zusammen mit weiteren Organisationen die Umweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dazu auffordert, im zuständigen EU-Ausschuss gegen die Wiederzulassung von Glyphosat zu stimmen.
Foodwatch und die Deutsche Umwelthilfe strengen eine Klage gegen die Zulassung von Pestizid-Produkten in Deutschland an.
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.