Bei den Emissionen von Kohlendioxid pro transportierter Tonne schneidet die Schifffahrt laut International Maritime Organisation mit einem Anteil von drei Prozent überraschend gut ab. Trotzdem hat sich die Schiffsbranche zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis 2050 zu halbieren. Denn große Schiffe haben ihr Image als Dreckschleudern zu Recht: Stickoxide, Schwefeldioxid, Ruß – aus den Schloten großer Schiffe gelangen so einige ökologisch bedenkliche Substanzen in die Umwelt. Immerhin gilt für die küstennahen Gebiete des Ärmelkanals, Nordsee, Ostsee, der Karibik und Amerikas ein strengerer Grenzwert von 0,1 Prozent für den Schwefelgehalt. Im Mittelmeer und auf hoher See hingegen gilt laut ICS erst ab 2020 die Vorgabe von 0,5 Prozent. Anders als beispielsweise beim Straßenverkehr gelten in der Schifffahrt weniger strenge Richtlinien. Daher können Schiffe über weite Strecken mit Schweröl betrieben werden.
Es muss aber nicht immer Schiffsdiesel sein. Das zeigen neuere Schiffe, die andere Treibstoffe verwenden – oder gleich auf erneuerbare Energien setzen.
Flüssiggas als alternativer Brennstoff für Schiffsmotoren
„Bei der Frage, was die Schifffahrt tun könnte, um umweltfreundlicher zu werden, gilt Flüssiggas (LNG) langfristig als einer der wichtigsten alternativen Brennstoffe“, sagt Jan-Henrik Hübner, Leiter des Bereichs Schifffahrtsberatung bei der Klassifikationsgesellschaft DNV GL. Noch hat der Treibstoff einen Haken: Er ist bei weitem nicht in jedem Hafen erhältlich. In den vergangenen Jahren wurden aber sogenannte LNG-ready-Containerschiffe gebaut. Das bedeutet: Sie können mit leichten Modifikationen komplett auf Flüssiggas umgestellt werden, sobald sich die Versorgungslage verbessert.
Andere Unternehmen experimentieren mit der Gleitfähigkeit der Schiffe auf dem Wasser. Ziel ist, die Reibung und damit den Treibstoffverbrauch zu reduzieren. So hat die britische Firma Silverstream Technologies ein Verfahren entwickelt, bei dem Kompressoren Kammern am vorderen Teil des Rumpfs mit Luft füllen. Das vorbeifließende Wasser nimmt Luftbläschen mit einem Durchmesser von einem halben Zentimeter aus diesen Kammern mit. Der Effekt: Das Schiff gleitet auf den Luftblasen. „Rund zehn Prozent weniger Treibstoff benötigen Schiffe auf diese Weise“, erklärt Firmenchef Noah Silberschmidt.
Batteriebetriebene Elektromotoren sind noch selten
Um schwere Schiffe anzutreiben braucht es große Batterien. In der Schifffahrt sind batteriebetriebene Elektromotoren deshalb noch selten. Aber es werden mehr. Beispielsweise fährt in Norwegen die Elektro-Fähre ZeroCatauf der 5,7 Kilometer langen Strecke zwischen Lavik und Oppedal über den Songefjord. Bis zu 120 Fahrzeuge und 360 Passagiere können so transportiert werden. Die gesamte Konstruktion des Schiffes ist auf einen niedrigen Stromverbrauch ausgelegt. Um das Gewicht zu reduzieren, baute man den Rumpf aus Aluminium. Eine Million Liter Diesel spart das Konzept.
Während batteriebetriebene Elektroantriebe auf dem Meer noch Einzelfälle sind, sieht es auf Binnengewässern schon anders aus. Bei Heidelberg zum Beispiel kreuzt seit 2004 ein Passagier-Katamaran mit 250 Plätzen auf dem Neckar, der von zwei Elektromotoren angetrieben wird. Den benötigten Strom liefern 77 Solarmodule auf dem Dach. Das Modell lässt sich nicht ohne Weiteres auf größere Transportschiffe übertragen. Denn auf deren Oberfläche gibt es schlicht zu wenig Platz für die Menge der benötigten Solarzellen.
Es muss nicht alles neu sein, um Schiffe umweltfreundlicher anzutreiben, im Gegenteil. Zwar wird es wohl kaum eine Rückkehr zur Galeere geben. Aber die Windkraft, die Seeleute seit Jahrtausenden nutzen, erfährt wieder reges Interesse.
Seit Jahren bietet Skysails seine Zugdrachen an. Die funktionieren ähnlich wie die Lenkdrachen der Kitesurfer, sind aber deutlich größer. Vorne an ein Schiff montiert, sollen sie den herkömmlichen Schiffsmotor unterstützen und Treibstoff sparen.
Fünf Marktteilnehmer haben sich in dem Projekt Windship Technologie zusammengeschlossen. Sie bieten eine Art Segel als Zusatzaufbauten für Bestandsschiffe an. Drei Flügel werden dabei aufrecht an einem 35 Meter hohen, frei rotierenden Mast befestigt. Dieser richtet sich so aus, dass er aus der aktuellen Windrichtung und Windgeschwindigkeit das Beste für das Schiff herausholt. Zwei dieser Masten sparen nach Angaben des Konsortiums bis zu 30 Prozent der Treibstoffkosten. Hinter dem Konzept steht Simon Rogers, der bislang in erster Linie Yachten entwickelt hat. Die Erfahrung, die er dort mit Segeln gesammelt hat, hat er bei Windship für Frachtschiffe umgesetzt.
Ebenfalls ein bekanntes Verfahren sind die Flettner-Rotoren auf dem E-Ship 1, einem Transportschiff aus dem Hause des Windkraft-Spezialisten Enercon. Den eigentlichen Antrieb liefern mehrere Dieselmotoren. Die Rotoren sollen den Verbrauch reduzieren – laut Enercon um rund 25 Prozent. Der Ingenieur und Erfinder Anton Flettner hatte bereits in den 1920er Jahren Rotorschiffe entwickelt. Die hoch aufragenden Zylinder rotieren um ihre Achsen. Bläst dann Wind, wird dieser auf der einen Seite des Zylinders beschleunigt, auf der anderen gebremst. Dadurch entsteht ein Vortrieb senkrecht zur Windrichtung.
Der Norweger Terje Lade hat das windgetriebenes Schiff Vindskip entwickelt. Das Besondere: Es benötigt keine Segel, Rotoren oder andere Deckaufbauten. Der Rumpf selbst ist so entwickelt, dass er Windenergie in Bewegungsenergie umsetzt. Zwar benötigt auch das Vindskip einen zusätzlichen Antrieb. Aber hier hat Lade gleich auf Flüssiggas gesetzt. Ein Generator erzeugt damit Strom für einen Elektromotor.
Deutlich traditioneller sieht das Projekt der B9-Energy-group aus. Das Unternehmen ist ursprünglich Projektentwickler aus dem Bereich erneuerbare Energien, hat sich aber auch daran gemacht, ein windgetriebenes Frachtschiff zu entwickeln. Mit seinen Masten erinnert das Schiff an die großen Fregatten des 17. und 18. Jahrhunderts. Aber statt Matrosen in die Wanten zu jagen, werden die Segel von der Kommandobrücke aus gesteuert. Das Schiff kommt ohne Takelage aus. Ergänzt wird der Windantrieb durch einen Flüssiggas-Motor. Dabei will B9-Energy Biomethan verflüssigen. Eine eigene Unternehmenseinheit plant die dafür notwendigen Anlagen, die vor allem Lebensmittelreste zu Gas wandeln sollen.
Transportmengen der Biobranche sind noch zu klein
Die Biobranche hat keine eigene Wahl, wenn es darum geht, ob das Transportschiff umweltfreundlich betrieben wird, oder nicht. Das liegt an der importierten Menge, und die ist zu klein. „Die wenigsten Importeure besitzen eigene Schiffe“, sagt Claudia Brück, Vorstand bei Fairtrade Deutschland. Und das heißt, sie müssen zubuchen. Wenn drei Container mit Bananen innerhalb einer Woche von Mittelamerika nach Europa sollen, muss der Importeur eine der Reedereien beauftragen, die gerade Schiffe vor Ort und Kapazitäten frei hat. „Die Menge an Containern, mit denen Fairtrade-Produkte transportiert werden, reicht nicht für eine eigene Flotte“, erklärt Brück. Das bedeutet: Ob Windkraft oder Schweröl die Hauptenergiequelle für den Transport ist, entscheiden die Reedereien. Auf deren modernen Containerschiffen finden tausende Container Platz. Zum Vergleich: Gepa importiert nach eigenen Angaben circa 500 Containerladungen pro Jahr. Das sind im Durchschnitt keine zehn Container pro Woche. Die Frachtmenge kann im großen Logistik-Geschäft auf den Weltmeeren mitschwimmen, als eigene Zielgruppe für Reedereien ist es zu wenig. Erst, wenn die Logistikbranche insgesamt sauberer auf den Weltmeeren unterwegs ist, kommen auch die Bioprodukte mit einem niedrigeren CO2-Fußabdruck als bisher nach Deutschland.
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