Als „Stabilitätsanker für die Wirtschaft" bezeichnete der Industrieverband Körperpflege und Waschmittel (IKW) die eigene Branche am Donnerstag bei seiner Wirtschaftspressekonferenz.
Und tatsächlich bringt die Schönheits- und Haushaltspflegeindustrie „Licht ins dunkle Konsumklima", wie Georg Held, der IKW-Vorstandsvorsitzende, es selbstbewusst ausdrückte. Laut Hochrechnungen für das Jahr 2023 haben die Menschen in Deutschland nie zuvor mehr Geld für Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel ausgegeben. Der Inlandsumsatz mit Körperpflegeprodukten und Kosmetika stieg um 10,6 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro.
Ein gepflegtes Äußeres schafft Selbstbewusstsein und Putzen macht glücklich – auf diese Formel brachte es der IKW mit Blick auf die Rekordzahlen. „Kosmetik ist der kleine Luxus des Alltags – gerade in schwierigen Zeiten", sagte IKW-Geschäftsführer Thomas Keiser. „Ohne Kosmetika geht es nicht. Das belegt die Studie aus dem Jahr 2022."
Viele Tops und nur ein Flop – die wichtigsten Branchenkennzahlen
- Deos zeigten 2023 die höchsten Zuwächse (plus 21,2 Prozent).
- Dekorative Kosmetik, also Lippenstift, Make-up, Nagellack legten 17,7 Prozent zu.
- Die Düfte folgen mit 15,0 Prozent Umsatzsteigerung.
- Gestiegene Umsätze gab es auch bei Haarpflegemitteln (plus 9,9 Prozent), Bade- und Duschzusätzen (plus 9,2 Prozent) sowie bei Haut- und Gesichtspflege (plus 8,6 Prozent).
- Seifen und Syndets, die während der Pandemiejahre enorm nachgefragt waren, notieren als einzige Kategorie der Schönheitspflegeprodukte negativ (minus 8,9 Prozent).
„78 Prozent der Befragten haben nach dem Saubermachen ein gutes Gefühl, etwas geschafft zu haben. 70 Prozent genießen die Sauberkeit nach dem Putzen ganz bewusst."
Dem Trend zu positiver Außenwirkung entspricht laut IKW der Verbraucherwunsch, saubere und gepflegte Kleidung zu tragen. Spitzenreiter unter den Produkten der Haushaltspflegesparte sind die Fein- und Spezialwaschmittel (plus 8,1 Prozent). Deutlich mehr gaben die Menschen auch für Waschhilfsmittel aus (plus 7,6 Prozent), ebenso für Weichspüler (plus 5,1 Prozent).
Bei den Geschirrspülmitteln beträgt die Steigerung 3,3 Prozent, bei den Wohnraumreinigungs- und Pflegemitteln sind es 1,5 Prozent. Insgesamt erzielte der deutsche Einzelhandel mit Haushaltspflegeprodukten einen um 2,9 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro gestiegenen Verkaufswert.
Den Einkauf der WPR-Produkte erledigen die Deutschen am liebsten im Drogeriemarkt, der Marktanteil liegt bei 51 Prozent. Stark gewachsen – obgleich auf niedrigem Niveau – ist laut IKW die E-Commerce-Sparte. Der Marktanteil betrage sieben Prozent, der Umsatz sei in nur einem Jahr um 23 Prozent gestiegen.
Bei Naturkosmetik legen Herstellermarken zu
Robert Kecskes von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) berichtete bei der Pressekonferenz, dass der Pragmatismus der Konsumenten noch immer überwiege. Zwar habe sich die finanzielle Situation mancher Haushalte im Vergleich zum Vorjahr entspannt. Doch so schnell die Käuferinnen und Käufer auf die Inflation und die Angst vor Wohlstandverlust zuvor reagiert hatten, so langsam passten sie das Kaufverhalten nun der verbesserten Situation an.
Das betrifft auch die Naturkosmetik: Nach einem Rückgang in den Vorjahren wächst der Naturkosmetik-Markt wieder leicht, wenn auch unterdurchschnittlich zum Gesamtmarkt, mit etwa 3 Prozent. Ein Plus werde auch bei den Herstellermarken verzeichnet. Generell achteten die Kundinnen und Kunden vermehrt auf Sonderangebote oder stiegen auf günstigere Produkte um. Der Naturkosmetikmarkt macht laut IKW mit 1,3 Milliarden Umsatz im Jahr 2023 etwa 8 Prozent des Gesamtmarktes Kosmetik und Körperpflege aus.
Legen die Käuferinnen und Käufer also tendenziell weniger Wert auf Nachhaltigkeit? Die Menschen seien „nachhaltigkeitsmüde", sagte Kecskes. Und doch werde der Konsum zukünftig nachhaltiger, so seine Prognose, denn: „Es hört nicht mehr auf." Das Thema Klimawandel und seine unmittelbaren Auswirkungen zwingen laut Kecskes zum Handeln. Es liege nun an den Unternehmen, Sinnvolles mit Sinnlichem zu verbinden und zu zeigen, wofür sie stehen.
Erfolgsbranche mit Zukunftsangst
So sehr die IKW-Vertreter den großen Erfolg ihrer Branche unterstreichen: In einer Umfrage unter Mitgliedsunternehmen gaben 62 der überwiegend mittelständischen Unternehmen an, stark oder sehr stark durch die Kostensteigerungen bei Energie und Rohstoffen belastet zu sein. 43 Prozent der Mitgliedsunternehmen erwarten große Investitionen. Fünf Prozent fühlen sich durch die Preise sowie strenge Regularien sogar in ihrer Existenz bedroht.
Gegen den so genannten Green Deal, also die Maßnahmen, mit der die EU-Kommission die EU zu einer ressourceneffizienten Wirtschaft und bis 2050 klimaneutral machen will, kämpfe der IKW nicht an, heißt es. Jedoch setze sich der Verband im Interesse seiner Mitglieder für angemessene Regularien ein, die dem Umweltschutz dienen und der Industrie als Arbeitgeber und krisenfestem Wirtschaftszweig nicht schaden.
„Unsere Unternehmen setzen sich mit Nachdruck und aus voller Überzeugung für Nachhaltigkeit ein. Allerdings sind durch den europäischen Green Deal mehrere tausend Seiten an Regelungen zu erwarten. Wir wünschen uns, das bei der Planung und Umsetzung die praktische Vernunft überwiegt", betonte der IKW-Vorsitzende Georg Held.
Für das kommende Jahr bleibt der Verband optimistisch und nannte bei der Pressekonferenz am Donnerstag ein Umsatzwachstum von 2,5 Prozent.
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