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Gemeinsame Agrarpolitik

Europäischer Rechnungshof zweifelt an Wirksamkeit von EU-Öko-Förderungen

Die Agrarförderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union sorgen zwar dafür, dass die Öko-Fläche in Europa wächst. Strategisch greifen die Leistungen laut dem Prüforgan aber zu kurz. Das Ausbauziel von 25 Prozent bis 2030 sei so nicht zu erreichen, heißt es in einem Bericht des Rechnungshofs.

Sind die EU-Förderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die ökologische Landwirtschaft überhaupt wirksam? Der Europäische Gerichtshof bezweifelt das laut eines am Montag veröffentlichten Sonderberichts zum biologischen Landbau in der EU.  

Das Prüfungsorgan der Europäischen Union bemängelt, dass die derzeitige Strategie für die Bio-Branche weder eine Vision noch Ziele über 2030 hinaus biete. Zwar habe dank der jährlichen EU-Milliarden die ökologisch bewirtschaftete Fläche zugenommen, doch werde den Anforderungen und dem Bedarf des Sektors zu wenig Beachtung geschenkt. Infolgedessen sei die biologische Produktion nach wie vor ein Nischenmarkt. Die Mitglieder des Rechnungshofes warnen, dass die EU ihr Ausbauziel von 25 Prozent Ökolandbau bis 2030 wohl deutlich verfehlen dürfte.

Überraschend kommt diese Einschätzung wohl weder für die Prüfer des Rechnungshofes noch für wichtige Akteure der Bio-Branche. Jan Plagge, Bioland- und IFOAM Organics Europe-Präsident, bewertete die damalige GAP-Einigung bereits im Juni 2021 als „verpasste Chance“ und prophezeite, dass sich damit „das Ziel von EU-weit 25 Prozent Ökolandbau und weitere wichtige Umwelt- und Klimaziele der EU nicht erreichen lassen“. 

Eine wirksame Reform der GAP hätte vielmehr eng an die Ziele des Green Deals und der Farm-to-Fork-Strategie gekoppelt werden müssen, kritisierte Plagge. Auch der Rechnungshof mahnte bereits 2020 in einem Sonderbericht, dass im Rahmen der GAP in erster Linie Maßnahmen mit geringem Klimaschutzpotenzial finanziert worden seien. 

Trotz EU-weiter Förderungen große Unterschiede bei Öko-Flächen

Der ökologische Landbau ist ein wichtiger Bestandteil der EU-Strategien zur Verwirklichung der ehrgeizigen Umwelt- und Klimaziele der EU. Zwischen 2014 und 2022 erhielten die europäischen Landwirte rund 12 Milliarden Euro an Fördergeldern aus der GAP, um auf Bio-Landbau umzustellen, beziehungsweise bei ökologischen Anbauverfahren zu bleiben. Bis 2027 sollen dafür weitere knapp 15 Milliarden Euro fließen. 

In den EU-Ländern wird jedoch in unterschiedlichem Umfang Bio-Landbau betrieben: So reicht die ökologisch bewirtschaftete Fläche von weniger als fünf Prozent in den Niederlanden, Polen, Bulgarien, Irland und Malta bis zu über 25 Prozent in Österreich. Deutschland kommt trotz seines ambitionierten Ziels von „30 Prozent Bio bis 2030“ aktuell gerade mal auf 11,4 Prozent Öko-Fläche.

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Fläche allein reicht nicht

Zwar räumt Keit Pentus-Rosimannus, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs, ein, dass die europäische Landwirtschaft umweltfreundlicher wird und der biologische Landbau dabei eine Schlüsselrolle spiele. 

„Für einen dauerhaften Erfolg reicht es jedoch nicht, sich auf die Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Flächen zu konzentrieren. Es muss mehr getan werden, um den Sektor als Ganzes zu unterstützen“, so Pentus-Rosimannus. Dazu gehöre auch die Entwicklung des Marktes und die Steigerung der Produktion. „Anderenfalls laufen wir Gefahr, ein System mit Schlagseite zu schaffen, das vollständig von EU-Mitteln abhängig ist, anstelle einer florierenden Branche, die von gut informierten Verbrauchern getragen wird“, so der Prüfer. 

Das solch ein System keine ausreichende Stabilität bietet, zeigten im Januar 2024 beispielsweise die Proteste der deutschen Landwirte und Landwirtinnen als Reaktion auf die damals von der deutschen Bundesregierung angekündigten Kürzungen von Agrarsubventionen, von denen viele Landbau-Betriebe abhängig sind. An den Demonstrationen beteiligten sich auch viele Bio-Betriebe.

Was der Rechnungshof nun bemängelt, kritisierte zu Beginn des Jahres auch schon Naturland-Präsident Hubert Heigl auf Nachfrage von BioHandel: „Vielen Betrieben fehlt die Perspektive, wie es in Zukunft weiter gehen soll. Deshalb brauchen wir endlich einen verlässlichen Plan für den ökologischen Umbau der Landwirtschaft. Dann wissen die Betriebe, was auf sie zukommt und können planen. Die Konzepte liegen vor, aber die Bundesregierung muss endlich ins Handeln kommen“, so Heigl.  

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Einen verlässlichen Plan scheint es allerdings schon auf EU-Ebene nicht zu geben. So stellten die Prüfer fest, dass bei der GAP-Förderung etwa Umwelt- und Marktziele ausgeblendet werden können. Beispielsweise könnten Landwirte auch dann EU-Mittel erhalten, wenn sie keinen Fruchtwechsel durchführen oder Tierschutzstandards nicht einhalten – beides eigentlich Grundprinzipien des ökologischen Landbaus. 

Außerdem sei es laut den Prüfern gängige Praxis, dass für den Anbau von Bio-Kulturen Genehmigungen für die Verwendung von konventionellem Saatgut erteilt werden. Zudem gebe es derzeit keine Möglichkeit zu messen, inwiefern der Öko-Landbau vorteilhafter für die Umwelt ist.

Darüber hinaus sollten mit der GAP-Förderung die Zusatzkosten und Einkommensverluste ausgeglichen werden, die Landwirten durch die Umstellung von konventionellem auf biologischen Landbau entstehen. Dass ökologisch produzierende Landwirte jedoch keine Bio-Erzeugnisse herstellen müssten, um EU-Gelder zu erhalten, trage dazu bei, dass Bio-Produkte nach wie vor nur einen sehr kleinen Marktanteil hätten mit nicht mehr als vier Prozent des Lebensmittelmarktes der EU.

Quantifizierbare Ziele und Zukunftspläne fehlen

Die Prüfer stellen die EU-Strategie in diesem Bereich ganz allgemein infrage: Auch wenn der derzeitige Aktionsplan eine Verbesserung gegenüber dem vorherigen darstelle, fehlten darin wichtige Elemente. So enthalte auch der aktuelle Plan weder angemessene und quantifizierbare Ziele für den Öko-Sektor noch Möglichkeiten zur Messung der Fortschritte. Darüber hinaus weisen die Prüfer darauf hin, dass es keine strategische Vision für die Zeit nach 2030 gibt, die der Branche eine solide Planung für eine erfolgreiche Zukunft ermöglichen würde.

„Es ist richtig, dass der Europäische Rechnungshof die EU-Kommission dazu auffordert, den Öko-Landbau zum Erreichen wichtiger Umweltziele besser zu unterstützen und das Farm-to-Fork-Ausbauziel von 25 Prozent verbindlich zu machen“, kommentiert Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), die Schlussfolgerungen des Berichts. 

„Die Möglichkeiten der Gemeinsamen Agrarpolitik – etwa auch zur Förderung von Marktteilnehmern in Verarbeitung und Handel – werden dazu in der Tat nicht ausreichend genutzt“, so der Vorstand des Öko-Spitzenverbands. 

Gezielt Bäuerinnen und Bauern für höhere Umweltleistungen zu honorieren, entspräche laut Röhrig auch den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft und des „strategischen Dialogs“ der EU. Seitens des BÖLW teile man daher die Auffassung, dass die EU-Kommission einen langfristigen Aktionsplan braucht, um Bio zu entwickeln, auch über das Jahr 2030 hinaus.

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„Gesamte Lebensmittelkette in den Blick nehmen“

In der Praxis bestehe das einzige – im Übrigen unverbindliche – Ziel der EU darin, die ökologisch bewirtschaftete Fläche zu vergrößern. Dabei gibt jedoch, wie oben erwähnt, erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Ländern. Um wieder auf Kurs zu kommen, mahnen die Prüfer vom Europäischen Rechnungshof, müsste sich die Rate der Umstellung auf biologische Landwirtschaft in Europa verdoppeln. 

Dabei hat Deutschland insgesamt sogar noch mehr zu tun – um das von der Bundesregierung beschlossene Ziel zu erreichen, müsste sich die Öko-Fläche in den kommenden fünf Jahren quasi verdreifachen. 

Dafür, so Röhrig, müsse Deutschland „seine Bio-Strategie mit finanziellen Ressourcen unterfüttern und dabei die gesamte Lebensmittelkette für die Bio-Entwicklung in den Blick nehmen. Nur mit einer starken Bio-Verarbeitung und einem starken Bio-Handel sind die Bio-Ziele zu erreichen. Dass Deutschland bis 2027 die GAP-Mittel für den Bio-Sektor nur für maximal 14 Prozent Bio-Fläche eingeplant hat, zeigt, wie halbherzig der Bund das Regierungsziel von 30 Prozent verfolgt.“

Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) begrüßt nach eigener Aussage den Bericht des Rechnungshofs „als ein Dokument, dass wachrüttelt und auf relevante Probleme aufmerksam macht“. Sie veröffentlichte dazu eine Stellungnahme.

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