Die grüne Welle hat die Weinberge Frankreichs erfasst. Rekordverdächtige 23 Prozent betrug die Zunahme der Bio-Flächen im Jahr 2019. Damit sind unsere Nachbarn jetzt das dritte Land mit mehr als 100.000 Hektar Bio-Rebfläche. Sie haben Italien (plus 3 Prozent) überholt und liegen jetzt auf dem zweiten Platz hinter Spanien (plus 7 Prozent). In Italien hat sich das Wachstum seit dem sprunghaften Anstieg im Jahr 2016 auf einem moderaten Niveau verstetigt. Bemerkenswert ist der Zuwachs von 14 Prozent in Deutschland.
Damit wurde die 10.000 Hektar-Linie geknackt. Erstmals liegt damit die Bio-Quote im deutschen Weinbau mit 10,6 Prozent höher als jene der Gesamt-Landwirtschaft. Auch in Österreich ist die Entwicklung mit knapp zehn Prozent Wachstum dynamisch. Dennoch ist es in allen Ländern noch ein weiter Weg bis zur 25 Prozent Bio-Quote, die die EU in ihrem ‚Green Deal‘ bis zum Jahr 2030 anstrebt.
Hohe Bio-Wein-Quote in Frankreich
Der französische Bio-Trend ist vor allem von der Inlandsnachfrage getrieben. Der Umsatz mit Bio-Produkten wuchs 2019 um 13 Prozent auf 11,9 Milliarden Euro. Die Bio-Quote im Handel stieg damit auf 6,1 Prozent. Pro Kopf entsprach das 178 Euro gegenüber 144 Euro in Deutschland. Gerade beim Weinkonsum liegt die Bio-Quote in Frankreich erstaunlich hoch.
Laut einer Studie, die von der halbstaatlichen Agence Bio in Auftrag gegeben wurde, stammen 11,6 Prozent des in Frankreich verkauften Weins aus Bio-Anbau. Die gleiche Studie stellt aber auch fest, dass vergleichsweise wenige Weinkonsumenten ausschließlich zum Bio-Produkt greifen, nämlich etwa jeder sechste. Das ist der geringste Anteil in allen Produktkategorien.
Der Corona-Effekt
In Deutschland hatte bereits das Jahr 2019 mit knapp zehn Prozent ebenfalls eine große Steigerung beim Bio-Umsatz gebracht. Das Corona-Jahr 2020 brach dann alle Rekorde. Rund 15 Milliarden Euro wurden umgesetzt. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr lag bei 22 Prozent. Auch beim Wein zeigte sich der Corona-Effekt deutlich.
Zum Beispiel berichtet Cornelia Illius, Inhaberin des Bioladens Westerburg in Rheinland-Pfalz: „Im Vergleich zum Vorjahr hatte ich bei Wein ein Umsatzplus von 23,5 Prozent. Kunden, die sonst ein oder zwei Flaschen mitgenommen haben, kauften kistenweise.“ Und auch die höheren Qualitäten waren zunehmend begehrt: „Die Weine im 9 bis 15 Euro-Bereich wurden auf Empfehlung meinerseits gerne mitgenommen. Wenn man schon nicht ausgehen konnte hat man sich wenigstens zuhause einen guten Tropfen gegönnt. Das ging im Januar und Februar nahtlos so weiter.“
Das größte Wachstum hatten wir bei Weinen um die zehn Euro.
Bestätigt wird der Corona-Effekt von Peter Riegel, Inhaber des gleichnamigen Wein-Großhandels am Bodensee: „Bei uns hat Corona sehr schnell zu einem Anstieg der Nachfrage geführt. Der Jahresumsatz lag ziemlich genau bei 50 Millionen Euro Umsatz, also gut 20 Prozent mehr als im Vorjahr.“ Auch er weist darauf hin, dass viele Kunden bereit waren, etwas mehr für ihren Wein auszugeben: „Das größte Wachstum hatten wir bei Weinen so um die zehn Euro EVP. Auch die Weine über 20 Euro und sogar noch stärker die über 30 Euro wuchsen deutlich überproportional. Champagner und Bordeaux waren da die Stars.“ Trotzdem gelang es der Firma im vergangenen Jahr erstmals CO2-neutral zu arbeiten, worauf Peter Riegel mit Stolz hinweist. „Außerdem wollten wir rauschend unseren 35. Geburtstag als Großhändler feiern. Wir werden das im September nachholen.“
Virtuelle Weinmesse und Biofach
Die Millésime Bio im südfranzösischen Montpellier ist die größte Bio-Wein-Messe der Welt. Die diesjährige 29. Ausgabe war die erste virtuelle. Nach Angaben der Messe trafen 1.000 Aussteller auf 3.000 Besucher und es entstanden 15.000 Kontakte. Knapp die Hälfte der Besucher kam aus dem Ausland, allen voran Deutschland. Der Veranstalter zeigte sich sehr zufrieden mit der Veranstaltung und kündigte umgehend einen weiteren virtuellen Durchgang an.
Bedenken hatte im Vorfeld so mancher Anbieter. So etwa Francois Delhon, Miteigentümer der Domaine Bassac im Languedoc: „In unserer Branche spielen die Verkostung und der persönliche Kontakt eine große Rolle. Letztlich ist es aber gut gelaufen. Normalerweise sehen wir bei der Millésime Bio all unsere wichtigen Kunden. Diesmal hatten wir dagegen viele neue Kontakte mit kleineren Händlern.“
Ebenfalls virtuell fand einige Wochen später die Biofach statt. „Wir nahmen als Verband teil“, berichtet Ralph Dejas, Geschäftsführer bei Ecovin, „und unsere Angebote wurden gut angenommen.“ Trotz einiger Pannen war er mit der Technik im Großen und Ganzen zufrieden. „Das Netzwerken hat gut funktioniert und unsere Fachvorträge hatten jeweils etwa 20 Teilnehmer.“ Alles in allem spricht Dejas von einer guten Interimslösung, geht aber von einer Präsenzmesse im nächsten Jahr aus.
Ähnlich sieht das Sebastian Beemelmans, Vertriebsleiter bei der Firma Peter Riegel: „Die Verkostung steht für die Kunden an erster Stelle. Als Pionier im Bio-Bereich nahmen wir natürlich teil und haben aus dem Angebot der Messe das Beste gemacht. Seine Bilanz fällt jedenfalls positiv aus: „Wir haben viel dazu gelernt und können uns durchaus vorstellen, auf der nächsten Präsenzmesse virtuelle Elemente zu integrieren. Dennoch freuen wir uns darauf, wieder mit unseren Kunden in der reellen Welt anstoßen zu können.“
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