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EU-Öko-Label

EuGH urteilt: Bio-Importe müssen EU-Produktionsvorschriften einhalten

Bislang durften Bio-Produkte aus Drittländern mit als gleichwertig anerkannten Öko-Vorgaben trotz eventueller Abweichungen der Richtlinien das EU-Bio-Label tragen. Dagegen hatte Bio-Hersteller Herbaria geklagt und nun vor dem Europäischen Gerichtshof recht bekommen. 

Das EU-Öko-Label darf ein aus einem Drittland eingeführtes Lebensmittel ausschließlich dann tragen, wenn es nach den Produktionsvorschriften der Europäischen Union hergestellt wurde. Das hat der Europäische Gerichtshof am 4. Oktober 2024 in einem Urteil (C-240/23) klargestellt. Diese Vorgabe gelte auch bei Drittländern, deren Vorgaben denen der EU als gleichwertig anerkannt sind. 

Grund für das Urteil war eine Klage des bayrischen Bio-Herstellers Herbaria. Das Unternehmen stellt seit Jahren das Produkt „Blutquick“ her – ein Nahrungsergänzungsmittel in flüssiger Darreichungsform mit zugesetzten, nicht pflanzlichen Vitaminen sowie Eisengluconat. Bis die bayrischen Behörden dessen Entfernung anwiesen, trug das Produkt das EU-Öko-Label. Die Verwendung der zugesetzten Stoffe sei nicht gesetzlich vorgeschrieben und somit entspreche das Produkt nicht den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung 2018/848 zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen, so die Begründung im damaligen Bescheid zur Unterlassung der Label-Nutzung. 

Vorwurf der Ungleichbehandlung

Dagegen zog Herbaria bereits vor einigen Jahren vor ein bayrisches Gericht. Der Tee- und Gewürzhersteller warf den Behörden eine Ungleichbehandlung vor. Denn ein vergleichbares Produkt, importiert aus den USA, durfte das EU-Öko-Label weiter tragen. Der Grund: Die Herstellungs- und Kontrollvorschriften für Bio-Lebensmittel in den USA sind laut EU gleichwertig zu den EU-Öko-Vorgaben. 

Hersteller mit Bio-Produkten aus als gleichwertig anerkannten Drittländern durften demnach bislang das EU-Öko-Label verwenden, auch wenn sie gegebenenfalls nicht den EU-Öko-Vorschriften entsprachen. Herbaria argumentierte, dass dieses Vorgehen Wettbewerbern aus Drittländern einen Vorteil auf dem Markt verschaffe. Dazu befragte das Bundesverwaltungsgericht den Europäischen Gerichtshof.

Urteil zugunsten der Verbraucherschaft und fairem Wettbewerb

Der Europäische Gerichtshof gab Herbaria schließlich recht: Unternehmen, die ihr importiertes Bio-Produkt nach der EU-Öko-Verordnung zertifizieren lassen oder Bezeichnungen in Bezug auf die ökologische Herstellung verwenden wollen, müssen sich an die Produktionsvorschriften für biologische Lebensmittel der EU halten – auch, wenn die Öko-Vorgaben des Herstellungslandes als gleichwertig zu den EU-Vorgaben anerkannt sind. Der EuGH bezieht sich ebenfalls darauf, dass es andernfalls zu Beeinträchtigungen des fairen Wettbewerbs auf dem europäischen Binnenmarkt oder Verbraucherirreführungen kommen könnte. 

„In einer solchen Situation könnten die Verbraucher nämlich der Ansicht sein, dass ein Erzeugnis, das Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion oder das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion trägt, sämtlichen Vorgaben entspricht, die mit der Verordnung 2018/848 (…) aufgestellt werden, obwohl es nur Produktionsvorschriften des Drittlands (…) genügt, die den Produktionsvorschriften dieser Verordnung gleichwertig sind“, heißt es in dem Urteil. 

„Insbesondere der Sinn und Zweck dieses Logos besteht aber gerade darin, die Verbraucher klar und eindeutig darüber zu informieren, dass das Erzeugnis, auf dem es angebracht ist, voll und ganz allen Vorgaben der Verordnung 2018/848 entspricht und nicht nur Vorschriften, die dieser Verordnung gleichwertig sind“, erklärt der EuGH. 

Im Urteil räumte der Gerichtshof jedoch ein, dass die Verwendung eines Drittlands-Öko-Logos für importierte Produkte gestattet ist, sofern diese die Öko-Vorschriften des jeweiligen Drittlands erfüllen. 

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„Entscheidung stärkt Glaubwürdigkeit europäischer Bio-Standards“

Auf Anfrage des BioHandel äußerte sich Erwin Winkler, Geschäftsführer der Herbaria Kräuterparadies GmbH, wie folgt zu dem Urteil des EuGH: „Das jüngste Urteil des Luxemburger Gerichtshofs markiert einen entscheidenden Moment in der Diskussion über Bio-Zertifizierungen. Die Entscheidung, dass das EU-Bio-Logo nicht mehr für vergleichbare US-Bio-Produkte verwendet werden darf, schafft Klarheit und stärkt die Glaubwürdigkeit europäischer Bio-Standards“, so Winkler. Für Herbaria bleibe die Qualität und Transparenz der Produkte oberste Priorität. 

Man habe sich entschieden, das EU-Bio-Logo nicht weiter zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Herbaria-Kundinnen und -Kunden weiterhin höchstes Vertrauen in die Produkte haben. „Unser bewährtes Produkt Blutquick bleibt jedoch vollständig in der Öko-Kontrolle und wird weiterhin den Code DE-ÖKO-003 tragen“, erklärt der Geschäftsführer weiter. Alle landwirtschaftlichen Zutaten werde Herbaria auch zukünftig als Bio-Zutaten entsprechend der EU-Bio-Verordnung von 2018 kennzeichnen. „Diese klare Kennzeichnung garantiert unseren Kunden, dass Herbaria weiterhin für Bio, Qualität und Nachhaltigkeit steht, ohne Kompromisse.“

Zusätzliche Engpässe bei Zertifizierung möglich

Das Urteil des EuGH ist richtungsweisend für alle Produzenten und Drittlands-Importeure und nimmt lediglich vorweg, was Anfang 2025 sowieso eintreten wird: Ab dem 1. Januar des kommenden Jahres wird die EU-Öko-Verordnung 2018/848 auch in Drittländern gelten, um Betrugs- und Qualitätsrisiken vorzubeugen. Bislang werden die Bio-Standards einiger Länder, darunter die USA, seitens der EU-Kommission als gleichwertig anerkannt (Regelung gilt noch bis 2026), mit weiteren Ländern wie etwa dem Vereinigten Königreich bestehen Handelsabkommen, durch die sich für die anerkannten Drittländer zunächst nichts ändern sollte – bis zum Urteilsspruch vom 4. Oktober. 

Viele Bio-Verbände, -Hersteller und -Vereine fordern bereits seit Monaten einen Aufschub für die Einführung der jüngsten EU-Öko-Verordnung in Drittländern. Sie warnen vor immensen Kosten für Produzenten, Bauern und Hersteller sowie Engpässen bei Bio-Importwaren. Unter anderem gäbe es laut einer Pressemitteilung der Assoziation ökologischer Lebensmittelherstellerinnen und -hersteller (AöL) bislang beispielsweise keine Gewissheit, ob bis zu Beginn des Jahres 2025 überhaupt genügend seitens der EU anerkannte, konforme Öko-Kontrollstellen zur Verfügung stehen werden. 

Mit dem Urteil des EuGHs dürften sich die befürchteten Engpässe bei der Zertifizierung ab 2025 noch weiter verschärfen – auch, wenn das Urteil für europäische Verbraucherinnen und Verbraucher sowie etliche Hersteller für mehr Transparenz und Fairness auf dem Markt sorgt. 

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