Das Bio-Kontroll Institut (BKI) aus Kirchberg an der Jagst darf als erste akkreditierte Kontrollstelle (DE-ÖKO-073) Bio-Gruppenzertifizierungen in Deutschland vornehmen. Das sei dringend nötig, heißt es in einer Mitteilung des BKI.
„Viele Erzeugergemeinschaften, deren Mitglieder bio-zertifiziert sind, kämpfen anhand der überall steigenden Kosten ums Überleben“, so das BKI. Manche hätten aus finanziellen Gründen bereits ihre Zertifizierung aufgegeben. „Sie dürfen ihre Produkte dann nicht mehr als bio verkaufen, verlieren Kunden und Einnahmen. Ein Teufelskreis, der nicht selten zur Betriebsaufgabe führt“, sagt Kontrollstellenleiter Michael Schwegler.
Während sich Kleinbäuerinnen und -bauern in Afrika, Asien oder Südamerika bereits seit Jahren zu Zertifizierungs- und Vermarktungszwecken in Gruppen zusammenschließen, erlaubt die EU-Bio-Verordnung das erst seit dem Jahr 2022. Dabei gibt es auch im landwirtschaftlich industrialisierten Europa nach wie vor kleinbäuerliche Strukturen – zum Beispiel bei Honig, Wein oder Streuobst. Michael Schwegler und der BKI-Geschäftsführer Bobby Issac sehen in dieser rechtlichen Neuerung großes Potenzial für mehr Bio und mehr Diversität in der Landwirtschaft.
BKI rechnet mit Kostenersparnis von 50 Prozent
Mit der Bio-Gruppenzertifizierung möchte das BKI nach eigener Aussage Erzeugergruppen dabei unterstützen, in das Kontrollverfahren einzusteigen oder im Verfahren zu bleiben und Kosten zu sparen. Bobby Isaac schätzt die potenzielle Kostenersparnis auf mindestens 50 Prozent. „Bisher musste jeder einzige Betrieb kontrolliert werden. Bei der Gruppenzertifizierung sind es nur noch 10 Prozent, die eine externe Kontrolle durchlaufen“, sagt Isaac.
Laut den Berechnungen des BKI lohnt sich die gemeinschaftliche Zertifizierung schon für Gruppen ab 30 Mitgliedern. Schwegler erklärt: „Bei Gruppen mit weniger als 100 Mitgliedern müssen immer zehn Betriebe kontrolliert werden. Ab 30 Mitgliedern greift der Skalierungseffekt – vorausgesetzt, das IKS ist effizient.“
Voraussetzung dafür sei, dass die Gruppen ein funktionierendes internes Kontrollsystem (IKS) haben, das ihre Integrität dokumentiert, sowie ein gemeinsames Vermarktungssystem. Das BKI setze hierfür auf effiziente, digitale Systeme, beispielsweise den Einsatz moderner Software und neuer Zertifizierungssysteme, die den Verwaltungsaufwand und die Kosten für Bio-Kontrollen reduzieren.
„Gruppenzertifizierungen können ein Gamechanger sein, damit sich Bio auch im Kleinen wieder lohnt.“
Die Zertifizierungs-Experten hoffen, mit ihren Argumenten auch solche Erzeugergruppen für eine Bio-Zertifizierung gewinnen zu können, denen diese bisher immer zu teuer war. „Gruppenzertifizierungen können ein echter Gamechanger sein, damit sich Bio auch im Kleinen wieder lohnt“, ist Bobby Issac überzeugt.
Im ersten Schritt fokussiert sich das BKI eigenen Angaben zufolge auf den Austausch mit interessierten Erzeugergruppen aus den Bereichen Imkerei und Streuobst. Gemeinsam mit der Bio-Musterregion Hohenlohe sowie dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg hat das BKI außerdem eine Machbarkeitsanalyse zu Gruppenzertifizierungen im Streuobstbereich angestoßen. (juk)
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