Es ist schwierig, wenn Utopien Realität werden. Denn es macht einen Unterschied, ob etwas in unseren Köpfen und Herzen existiert, oder im „echten Leben“ auf uns einwirkt. Als die Gründer*innen des Bio-Fachhandels angetreten sind, war „Bio für Alle“ ihre Utopie. Damit verbunden war die Überzeugung, dass es möglich sein muss, anders zu wirtschaften.
Heute ist Bio überall. Der Markt wächst rasant. Und er schert sich kein bisschen darum, wer’s mal erfunden hat. Von Discountern über Biomärkte bis zu Vollsortimentern wird Bio verkauft. Die Kundschaft nimmt es überall gerne an. Was sich hingegen kaum verändert hat, ist das Wirtschaften – jedenfalls nicht überall.
In der Fachhandelsbranche gibt es bereits eine wachsende Zahl von Unternehmen, die Wege suchen, sich dem Wachstumsdiktat zu entziehen. Stattdessen widmen sie ihre Erträge dem Wohl von Umwelt und Gesellschaft. Von den großen Lebensmittelhandelskonzernen hat man dergleichen noch nicht gehört.
Gegen ein wachsendes ökologisches Bewusstsein, bestmögliche Qualität und die dafür nötigen höheren Preise kann man nichts haben. Man kann – und sollte! – aber etwas dagegen haben, beim ökologischen Bewusstsein stehen zu bleiben. Es wird nicht so sein, dass alle Lebensmittel irgendwann „Bio“ sind und zack! haben wir die Welt gerettet.
Es geht mehr denn je um Verantwortung
Ja, der ökologische Wandel steht vor der Tür. Und mit ihm die
Zukunftsfragen sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit. Deshalb geht es
heute, mehr denn je, um Verantwortung. Wenn der Fachhandel sagt: „Bio
für alle: Ja! Aber nicht um jeden Preis“ – dann ist auch das damit
gemeint. Wir müssen auch darauf schauen, WIE Lebensmittel gehandelt
werden, nach welchen Prinzipien und um welchen Preis. Sonst wird unsere
Welt auch mit 100 Prozent Bio untergehen.
Wer heute Bio-Erzeuger*in und -Unternehmer*in ist, ist in der
Pflicht. Denn angesichts der Herausforderungen, vor denen wir als
Weltgemeinschaft stehen, macht es wenig Sinn, das Wissen darum, wie es
besser gehen kann, für sich zu behalten. Wenn wir glaubwürdig unseren
Beitrag für den Nachhaltigkeitswandel leisten wollen, muss dieses Wissen
fließen. Dann müssen wir einmal mehr Vorbild sein.
Das gilt besonders bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die so
groß sind, dass sie eine gewaltige Kraft entfalten, wenn sie einen Markt
für sich entdecken. Denn sie machen noch immer den größten Teil ihrer
Umsätze mit Produkten und Verfahrensweisen, die weder fair noch
nachhaltig sind.
Wir sind der Hebel. Wir können das, was uns und unsere Produkte ausmacht, einsetzen, um den Wandel auch bei den Großen voranzutreiben. Hier transparent zu machen, wie in neuen Kooperationen über die Platzierung von Produkten hinaus ein positiver Einfluss auf die Veränderung der Wirtschaftsweise genommen wird, wäre ein echter Schritt hin zu mehr Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Die Chance dafür ist da. Die Verantwortung dafür auch.
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