Biohandel

Erfolgreich mit Bio handeln.

Anbauverband

Demeter führt 2026 neue Richtlinien ein – das ändert sich für Betriebe

Bei Demeter ist vieles in Bewegung. Neben dem Vorstandswechsel hat der Anbauverband zwei neue Richtlinien verabschiedet: zur sozialen Verantwortung in den Betrieben und zur Einführung eines alternativen Zertifizierungsverfahrens.

Seit April steht fest: Zum kommenden Jahr führt der Demeter-Verband zwei neue Regelwerke ein. Die Delegiertenversammlung – das oberste Beschlussgremium des Anbauverbands – hat eine neue Richtlinie zur sozialen Verantwortung und ein überarbeitetes Verfahren zur Zertifizierung beschlossen.

Richtlinie zur sozialen Verantwortung

Ab 2026 gilt im Demeter-Verband eine verbindliche Richtlinie zur sozialen Verantwortung. Sie betrifft alle Mitglieder aus Erzeugung, Verarbeitung und Handel sowie deren Mitarbeitende, Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten, und Saisonarbeitskräfte. Grundlage ist der 2022 verabschiedete Social Responsibility Standard der Biodynamic Federation (BFDI), der nun in eine nationale Richtlinie überführt wurde.

Viele der darin formulierten Anforderungen sind bereits durch deutsches Arbeits- und Sozialrecht abgedeckt – darunter schriftliche Arbeitsverträge, Mindestlohn, Arbeitszeitregelungen, Kündigungsfristen, soziale Absicherung und Diskriminierungsschutz. Die Demeter-Richtlinie legt den Schwerpunkt daher auf Punkte, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen.

Vorgeschrieben sind unter anderem:

  • Der Zugang zu kostenlosem Trinkwasser während der Arbeitszeit. Es muss der Qualität entsprechen, wie sie im eigenen Haushalt erwartet würde, und leicht zugänglich sein.
  • Der schonende Umgang mit lokalen Ressourcen – insbesondere Wasser – darf nicht die Rechte und Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften beeinträchtigen.
  • Betriebe müssen ihren Mitarbeitenden Möglichkeiten zur Weiterbildung bieten. Sofern Mitarbeitende interessiert sind, muss ein Teil der Fortbildung während der Arbeitszeit stattfinden.
  • Jeder Betrieb muss eine öffentlich zugängliche Erklärung zur sozialen Verantwortung abgeben. Im Zusammenhang mit der öffentlichen Erklärung müssen Kontaktmöglichkeiten für eventuelle Beschwerden bereitgestellt werden. Die Information muss in einer Sprache (oder mehreren Sprachen) zugänglich gemacht werden, die von allen Mitarbeitenden verstanden wird.

Demeter betont: „Wenn die Erzeugung, Herstellung und der Handel von Demeter-Produkten auf Menschenrechtsverletzung oder auf klaren Fällen von sozialer Ungerechtigkeit basiert, ist die Verwendung der Marke Demeter nicht gestattet“.

Alternatives Verfahren zur Zertifizierung

Neben der neuen Richtlinie zur sozialen Verantwortung hat der Demeter-Verband ein alternatives Verfahren zur Zertifizierung beschlossen. Das sogenannte Anerkennungsverfahren wurde seit 2018 gemeinsam mit Mitgliedsbetrieben entwickelt und im Rahmen des von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung geförderten Forschungsprojekts „Zerti 4.0“ wissenschaftlich begleitet. Erste Praxistests fanden ab 2020 unter anderem in handwerklich arbeitenden Verarbeitungsbetrieben wie Bäckereien statt.

Zentrales Element sind jährlich moderierte Betriebsentwicklungsgespräche vor Ort. Dazu gehören ergänzend kollegiale Betriebsbesichtigungen und eine strukturierte Datenerhebung. Alle vier Jahre ist eine reguläre Demeter-Kontrolle im Rahmen der Bio-Kontrolle vorgesehen. Die jährliche Kontrolle nach EU-Bio-Verordnung bleibt für alle Betriebe verpflichtend.

Im Unterschied zur bisherigen checklistenbasierten Kontrolle verfolgt das Anerkennungsverfahren einen entwicklungsorientierten Ansatz. Damit kommt Demeter dem Wunsch vieler Mitglieder nach, die bereits seit der Einführung der EU-Bio-Verordnung im Jahr 1992 ein neues Kontrollsystem fordern. Ihr zentrales Anliegen: Die individuelle Entwicklung der Höfe und die Fähigkeiten der verantwortlichen Menschen sollen wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.

Demeter sieht positive Trendwende bei den Mitgliederzahlen

Laut aktuellem Entwicklungsbericht ist die Zahl der Demeter-Mitglieder von 2023 auf 2024 um rund fünf Prozent gesunken – von 4.067 auf 3.865. Das kürzlich beschlossene Anerkennungsverfahren sei keine Reaktion auf die aktuelle Entwicklung, betont Demeter. Die Grundlagen dafür wurden bereits 2018 gelegt, als die Mitgliederzahlen noch stabil waren.

Der Verband spricht von einem altersbedingten Rückgang, vor allem im Zuge von Hofübergaben oder Betriebsschließungen mit Eintritt in den Ruhestand. Gleichzeitig zeigten sich weniger Höfe bereit, auf Demeter umzustellen. „Die politische und wirtschaftliche Lage verunsichert – gerade Betriebe, die mit dem Gedanken spielen, auf unsere hohen Verbandsstandards umzustellen“, so die Demeter-Pressestelle. „Viele haben gezögert, weil ihnen langfristige Planungssicherheit fehlt – sei es bei Förderprogrammen, bei Marktanreizen oder wegen steigender bürokratischer Anforderungen.“

Demeter-Vorständin Chirine Etezadzadeh, die seit Mai im Amt ist, verweist im Gespräch mit BioHandel auf ein „sich wandelndes Marktumfeld, auf das wir als Branche und Verband entschlossen reagieren müssen“. Die anhaltende Konsumzurückhaltung treffe den Biomarkt insgesamt, „und macht auch vor Demeter nicht halt“. 

Für das laufende Jahr meldet der Verband eine Trendumkehr. Die Zahl neu aufgenommener Betriebe liege deutlich über dem Vorjahresniveau. Man spüre ein „verstärktes Interesse, bei uns Mitglied zu werden“, teilt die Demeter-Pressestelle mit.

Mehr darüber, wie sich der Verband unter der Führung von Chirine Etezadzadeh strategisch neu aufstellt, erfahren Sie im Artikel „Neue Demeter-Vorständin: Richtung, Fokus, Perspektiven“.

Mehr zu den Themen

Kommentare

Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.

Weiterlesen mit BioHandel+

Melden Sie sich jetzt an und lesen Sie die ersten 30 Tage kostenfrei!

  • Ihre Vorteile: exklusive Berichte, aktuelles Marktwissen, gebündeltes Praxiswissen - täglich aktuell!
  • Besonders günstig als Kombi-Abo: ausführlich in PRINT und immer aktuell mit ONLINE Zugang
  • Inklusive BioHandel e-Paper und Online-Archiv aller Printausgaben beim ONLINE Zugang
Jetzt 30 Tage für 0,00 € testen
Sie sind bereits Abonnent von BioHandel+? Dann können Sie sich hier anmelden.

Auch interessant: