Das neue Infektionsschutzgesetz, das mit der bundesheinheitlichen Notbremse die dritte Corona-Welle eindämmen soll, tritt am heutigen Freitag in Kraft. Am Donnerstag passierte das Gesetz den Bundesrat, nachdem am Mittwoch der Bundestag zugestimmt hatte. Am Wochenende hatten sich Union und SPD auf Änderungen des Infektionsschutzgesetzes geeinigt.
Dieser Artikel vom 19. April wurde mehrfach aktualisiert, zuletzt am Montag, 26. April.
Das sind die neuen Regeln
Überschreitet ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen eine Inzidenz von 100, greifen dort ab dem übernächsten Tag folgende zusätzliche, bundeseinheitlich festgeschriebene Not-Maßnahmen, die die Länder nicht unterschreiten, gegebenenfalls aber strenger fassen dürfen:
Öffnungen von Geschäften: Geöffnet bleiben der Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel. Vorausgesetzt sind Hygienekonzepte und die Maskenpflicht.
Bei einer Inzidenz unter 150 wird es bei allen weiteren Geschäften möglich sein, mit Termin und mit einem aktuellen negativen Testergebnis einzukaufen. Im Dienstleistungsbereich bleibt alles, was nicht ausdrücklich untersagt wird, offen, also beispielsweise Fahrrad- und Autowerkstätten, Banken und Sparkassen oder Poststellen.
Begrenzte Kundenanzahl: Für Läden mit einer Gesamtverkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern gilt: nur ein Kunde je 20 Quadratmeter. Bei mehr als 800 Quadratmetern gilt eine Begrenzung von einem Kunden je 40 Quadratmeter. Wird die Notbremse aufgrund eines gesunkenen Inzidenzwerts wieder aufgehoben, gelten wieder die gewohnten Regelungen. Beispiel: In Baden-Württemberg gilt: Lebensmittelhändler dürfen aktuell unabhängig von Ihrer Größe einen Kunden pro 10 Quadratmeter in den Laden lassen. Tritt die Notbremse dort in einer Region in Kraft, gilt aber auch für sie die oben genannte, bundesweite Regelung. Unverändert bleibt die Auflage, dass Kunden in geschlossenen Räumen eine medizinische oder eine FFP2- (oder gleichwertige) Atemschutzmaske tragen und mindestens 1,5 Meter Abstand zueinander halten müssen. Das Gesetz deckt sich damit mit dem Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 13. April.
Sortiment: Der Verkauf von Waren, die über das übliche Sortiment des jeweiligen Geschäfts hinausgehen, ist untersagt.
Homeoffice: Die Verpflichtung, Homeoffice anzubieten, wenn es betrieblich möglich ist, ist bereits jetzt schon Bestandteil der Corona-Arbeitsschutzverordnung. Mit der Aufnahme in das Infektionsschutzgesetz wird die Homeoffice-Pflicht verstärkt. Beschäftigte haben jetzt auch die Pflicht, Homeoffice-Angebote wahrzunehmen, wenn es privat möglich ist.
Körpernahe Dienstleistungen: Körpernahe Dienstleistungen sollen nur zu medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken in Anspruch genommen werden. Ausnahme: der Friseurbesuch und Fußpflege, allerdings nur, wenn die Kundinnen und Kunden einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorlegen können – und natürlich nur mit Maske. Andere körpernahe Dienstleistungen sollen nicht mehr möglich sein.
Kontaktbeschränkungen für private Treffen drinnen und draußen: Treffen eines Haustandes mit einer weiteren Person sind auch bei einer Inzidenz über 100 weiterhin möglich – Treffen mit mehr Menschen dagegen nicht.
Ausgangsbeschränkungen: Im Zeitraum zwischen 22 Uhr und 5 Uhr dürfen nur Personen das Haus verlassen, die „einen guten Grund“ vorweisen können – also etwa zur Arbeit gehen, medizinische Hilfe benötigen oder den Hund ausführen müssen. Bis 24 Uhr wird es weiterhin möglich sein, alleine draußen zu joggen oder spazieren zu gehen.
Freizeit- und Sportmöglichkeiten: Gastronomie und Hotellerie, Freizeit- und Kultureinrichtungen sollen bei einer Inzidenz über 100 schließen. Ausnahmen sind Außenbereiche von zoologischen und botanischen Gärten, die mit einem aktuellem negativen Corona-Test besucht werden können.
Berufs- und Leistungssportler der Bundes- und Landeskader können weiterhin trainieren und Wettkämpfe austragen – wie gehabt ohne Zuschauer und unter Beachtung von Schutz- und Hygienekonzepten. Für alle anderen gilt: Sport ja, aber alleine, zu zweit oder nur mit Mitgliedern des eigenen Hausstandes. Ausnahme: Kinder bis 14 Jahre können draußen in einer Gruppe mit bis zu fünf anderen Kindern kontaktfrei Sport machen.
Schulen und Kindertagesstätten: Bei einer Inzidenz über 165 soll der Präsenzunterricht in Schulen und die Regelbetreuung in Kitas untersagt werden. Mögliche Ausnahmen: Abschlussklassen und Förderschulen.
Alle Maßnahmen der Corona-Notbremse gelten bundesweit. Die Bundesländer können lediglich noch strengere Regeln auslegen. Das Gesetz ist zunächst bis 30. Juni befristet. (kam)
Kommentare
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Die Länder können nicht nur strengere, sondern auch lockerere Regeln verordnen:
Für Baden-Württemberg gilt weiterhin, unabhängig von der Ladengröße, die bisher für Lebensmittelgeschäfte gültige Regelung: 1 Kunde pro 10m²
https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Coronainfos/210423_Auf_einen_Blick_mit_Bundesregelungen_V2.pdf
(Stand 24.04.21 17:36)
Danke, Christoph, für das Beispiel aus Baden-Württemberg. Wir haben es mit einer kurzen Erklärung in den Artikel aufgenommen.