Volle Gänge und eine gute Stimmung gab es auf der BioNord vergangenen Sonntag. Sowohl bei der Zahl der Ausstellenden als auch bei der Anzahl an Fachbesuchern registrierten die Veranstalter ein Plus gegenüber dem Vorjahr: 307 Aussteller – 4,8 Prozent mehr im Vergleich zu 2024 – präsentierten in der Hamburger Messehalle B6 den 2.820 Fachbesuchern (plus 2,8 Prozent) ihre neuesten Produkte.
„Wie wichtig die BioNord für den gesamten norddeutschen Raum ist, zeigt sich unter anderem daran, dass nicht nur die Hamburger Bio-Wirtschaft, sondern auch die Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auf der BioNord präsent sind“, sagte der Co-Veranstalter der BioMessen, Wolfram Müller.
Ein neuer (und in Zukunft wohl regelmäßiger) Aussteller war Campo Verde. Der Demeter-zertifizierte Hersteller kommt mit seinen rund 150 Produkten, die bislang ausschließlich über den LEH vertrieben wurden, in Kürze auch in den Fachhandel. Der Großhändler Grell, der beide Vertriebsschienen beliefert, bringt die Produkte in die Bioläden.
Start-up macht Seifen aus Kaffeesatz
Coffeecycle: Leonardt Mücke (l.) und Liam Metzen verarbeiten Kaffeesatz zu Seifen mit Peelingeffekt.
Sein erstes Mal auf der BioNord hatte auch das Start-up Coffeecycle. Leonardt Mücke (21) und sein Partner Liam Metzen (20) verarbeiten Kaffeesatz zu Seifen mit Peelingeffekt. Die Idee kam den beiden während ihrer Arbeit als Barista. Den Kaffeesatz sammeln sie in Cafés in und um Hamburg ein. In der Hansestadt wird er getrocknet und anschließend zu fester und flüssiger Seife verarbeitet, die inzwischen in über 300 Läden in Deutschland und Österreich erhältlich ist, darunter Cafés, Biomärkte, Unverpackt- und Spezialitätenläden.
Auch am Neuheitenstand der BioMessen gab es interessante Produkt, darunter etwa ein Erdnussbutter-Pulver von der Ölmühle Solling ohne jegliche Zusatzstoffe wie beispielsweise Salz oder Zucker. Durch die Zugabe von Wasser oder Milch wird das Pulver zu Erdnussbutter für Aufstriche, Smoothies oder kann direkt als Pulver auch Currys verfeinern.
Kampf den Pestiziden
Beim Diskussionsformat „12 Uhr mittags“ ging es dieses Mal um Pestizide. Anja Voß vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BeL) machte darauf aufmerksam, dass Pestizide bundesweit in der Luft, im Boden und in Gewässern nachweisbar sind. Konventionelles Obst und Gemüse sei fast ausnahmslos damit belastet – und ein Grund, weshalb Menschen sich für Bio entscheiden, so Voß.
Corinna Hölzel, Detlef Harting (Moderator), Anja Voß und Bio-Landwirt Tim Ruwe (v.l.n.r.)
Corinna Hölzel vom BUND ergänzte, dass Pestizide nie nur dort bleiben, wo sie ausgebracht werden. Und sie töten nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge wie Bienen, was die Artenvielfalt reduziert und damit das ökologische Gleichgewicht gefährdet.
„Die Einschätzungen der EU zu Pestiziden basieren auf Leitlinien, die teilweise 25 Jahre alt sind“, kritisierte Anja Voß. Aktuelle Studien wie die des BeL zur Verbreitung von Pestiziden in Deutschland aus dem Jahr 2020 fänden keinen Widerhall in Brüssel. Das BeL versucht es darum mit Klagen gegen Verwaltungsakte. „Die sind immer dann möglich, wenn die EU über die Verlängerung eines Wirkstoffs entscheidet“, erklärte Voß. Das Grundargument des BeL: Die EU schütze ihre Bewohner nicht vor den Auswirkungen von Pestiziden. Und das, obwohl unter anderem bereits anerkannt sei, dass Pestizide zu Parkinson führen können.
Das große Problem bei der (Wieder-)Zulassung von Pestiziden besteht laut Corinna Hölzel darin, dass jeder einzelne Bestandteil auf seine Toxizität untersucht werde. Dabei werde ausdrücklich geprüft, ob ein Wirkstoff tödlich sei, „lediglich“ eine Schädlichkeit werde ausgeblendet.
Kombinationseffekte bergen große Risiken
Ein Blinder Fleck seien außerdem Kombinationseffekte mit anderen Wirkstoffen und deren Abbauprodukte. Auch diese fallen bei Einschätzungen durchs Raster, sagt Corinna Hölzel. Dabei könnten Kombinationseffekte die Toxizität um das 100-Fache verstärken. Und selbst wenn die Schädlichkeit anerkannt werde, dauere es Jahre, bis es zu einer Einschränkung des Wirkstoffes komme. Ein Beispiel seien Neonikotinoide, deren Einsatz 2008 für ein massives Bienensterben im Oberrheingraben gesorgt haben. Bis zur anschließenden Verbannung von drei Wirkstoffen in der EU seien zehn Jahre vergangen, so Hölzel.
Hölzel plädierte dafür, das Narrativ der Agrarlobby zu durchbrechen, die Ernährungssicherheit könne nur mit Pestiziden gewährleistet werden. Dafür müssten noch mehr positive Beispiele aus dem Ökolandbau kommuniziert werden.
Um die Bundesregierung an das EU-Ziel zu erinnern, bis 2030 das Pestizid-Risiko zu halbieren, hat das BeL einen offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer und Bundesumweltminister Carsten Schneider aufgesetzt. Darin macht der Verein auf zentrale politische Versäumnisse aufmerksam und fordert konkrete Maßnahmen, mit denen ein schrittweiser Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden gelingen kann. Flankiert wird der Brief von einer Petition.
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