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Studie zu Pestiziden

Biologischer Pflanzenschutz ist kaum giftig

Verfechter einer industriellen Landwirtschaft behaupten gerne, dass auch Bio-Landwirte Gifte sprühen, und das nicht zu knapp. Warum das trotzdem nicht vergleichbar ist mit dem industriellen Einsatz, zeigt eine Studie.

Die österreichische Umweltorganisation Global 2000 und die Wiener Universität für Bodenkultur haben für eine Studie im Auftrag von Ifoam Organics Europe 256 in der konventionellen Landwirtschaft verwendete Pestizidwirkstoffe mit 134 Wirkstoffen verglichen, die EU-weit für den ökologischen Landbau zugelassen sind. Als Parameter für die Gefährlichkeit wählten sie die amtlich vorgeschriebenen Gefahrenhinweise wie „giftig beim Verschlucken“.

Von den konventionellen Wirkstoffen trugen 55 Prozent zwischen einem und neun dieser Gefahrenhinweise. Darunter waren die meisten sehr giftig für Wasserorganismen. Einige standen auch im Verdacht, das ungeborene Kind zu schädigen oder Krebs und Organschäden zu verursachen.

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Bei den Bio-Wirkstoffen waren es drei Prozent oder vier Wirkstoffe, die einen bis fünf Gefahrenhinweise trugen. Konkret waren das die beiden Insektizide Pyrethrine und Spinosad, die giftig für Wasserorganismen sind sowie Schwefel (Hautreizungen) und Wasserstoffperoxid (Hautverbrennungen und Augenschäden). Auch Verschlucken oder Einatmen sollte man diese Stoffe nicht.

Deutliche Unterschiede in der Gefährlichkeit gab es auch bei den gesundheitlichen Richtwerten, wie etwa der noch akzeptierbaren täglichen Aufnahme. Solche Werte legt die EU-Lebensmittelbehörde EFSA fest, wenn Tierversuche schädliche Wirkungen für den Menschen befürchten lassen.

Für 93 Prozent der konventionellen Wirkstoffe hielt die EFSA solche Werte für angebracht, jedoch nur für sieben Prozent der Bio-Wirkstoffe. Zudem lagen die niedrigsten Bio-Richtwerte zehn- bis hundertmal höher als die niedrigsten konventionellen Werte. Die niedrigsten Bio-Werte wiesen die Insektizide Spinosad, Pyrethrine und Azadirachtin sowie das Fungizid Thymol auf.

Was zählt ist die Giftigkeit, nicht die Menge

Die erheblichen Unterschiede erklärt die in der Fachzeitschrift Toxics veröffentlichte Studie damit, dass für die konventionelle Landwirtschaft meistens synthetisch hergestellte Wirkstoffe mit einer möglichst hohen Toxizität gegenüber den Zielorganismen ausgewählt würden – mit hohem Schadenspotential auch in kleinsten Konzentrationen auch für Nicht-Zielorganismen wie Honigbiene oder Mensch.

Im Ökolandbau dagegen dürfen nur natürliche oder natürlich gewonnene Wirkstoffe eingesetzt werden. Davon hätten viele nur ein sehr geringes Schadenspotential. Allerdings würden sie in größeren Mengen eingesetzt als synthetische Pestizide, weshalb Lobbyisten der industriellen Landwirtschaft gerne auf verkaufte Tonnagen verweisen und nicht auf die Giftigkeit.

„Die (...) Vergleiche zeigen, dass die von den europäischen Behörden festgelegten Gefahrenhinweise und gesundheitlichen Leitwerte den für die Bio-Landwirtschaft zugelassenen natürlich vorkommenden Wirkstoffen ein deutlich geringeres Risikopotenzial für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zuschreiben, als den in der konventionellen Landwirtschaft verwendeten synthetischen Wirkstoffen.“

Global 2000

Global 2000 nennt als Beispiel die Behauptung eines österreichischen Vereins, wonach 43 Prozent der in Österreich verkauften Pestizidmenge auf bio-konforme Mittel entfallen. Mengenmäßig betrachte stimmt das und betrifft vor allem Schwefel, Schwefelkalk, Speisesoda und Kupfer, die alle gegen Pilze eingesetzt werden. Doch die verkauften Mengen würden nur für 185.000 Hektar reichen, während mit der weit geringeren Menge an verkauften synthetischen Pilzmitteln (Fungiziden) 4,4 Millionen Hektar behandelt werden könnten, rechnet Global 2000 vor und folgert daraus: „Die Behauptung, der Pestizideinsatz im ökologischen Landbau sei mit dem im konventionellen Landbau vergleichbar, wird durch diese Daten klar widerlegt“.

Laut Global 2000 zeigten die Vergleiche, dass den für Bio-Landwirtschaft zugelassenen Wirkstoffe ein deutlich geringeres Risikopotenzial für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zugeschrieben werde, als die in der konventionellen Landwirtschaft verwendeten synthetischen Wirkstoffe (s. Zitat oben).

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