Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Messe-Rückschau

Biofach und Branche im Wandel

Die Bio-Branche verändert sich – und die Messe Biofach mit ihr. Die Neuerungen waren in Nürnberg spür- und sichtbar und sorgten für widerstreitende Gefühle bei Besuchern, Ausstellern und Experten. 

Der Wandel war das zentrale Thema der diesjährigen Biofach in Nürnberg. „Yes we do! – Wie Wandel in der Bio-Lebensmittelwirtschaft gelingt“, war die Messe 2025 überschrieben. Sehr passend zum Bio-Zeitgeist: Die Branche – und die Messe selbst – erleben einen grundlegenden Wandel. Der war auf dem Messegelände greifbar: Die Zahl der Ausstellenden ist mit rund 2.300 weiter gesunken – seit 2023 um knapp 17 Prozent. Wer fehlte?

Naturkosmetik bricht weg

Laut Messeleitung blieben in diesem Jahr ganz unterschiedliche Ausstellergruppen fern, darunter Naturkosmetik-Marken. Das liegt sicher daran, dass zum ersten Mal seit dem Jahr 2006 keine eigenständige Naturkosmetik-Messe Vivaness mehr stattfand. Den Herstellern wurde auch nicht – wie zunächst geplant – eine Sonderfläche eingeräumt. Sie wurden stattdessen in die Biofach integriert und waren über fast alle Hallen verteilt. 

Dass man damit den Wünschen der Ausstellenden nachgekommen sei, wie Veranstaltungsleiter Dominik Dietz sagt, bezweifeln viele. Der Frust über das fehlende Angebot für treue Naturkosmetik-Aussteller war groß. Die Biofach lasse die Hersteller ungehindert zu den großen Kosmetik-Messen nach Bologna und Paris abwandern, klagte ein resignierter Aussteller. 

LEH stark vertreten

Die Besucherzahl sank indes nicht: 35.000 Besuchende aus 140 Ländern waren nach Nürnberg gekommen – jeder zweite Teilnehmende kam aus dem Ausland. Darunter auch Akteure aus dem klassischem Lebensmitteleinzelhandel: Dass Bio im LEH – und der LEH für Bio-Unternehmen – eine immer größere Rolle spielen, zeigte sich im Veranstaltungsprogramm und in den Messehallen. 

Während Rewe nicht zum ersten Mal mit einem eigenen Stand vertreten war, präsentierte sich dieses Jahr auch Lidl prominent in Halle 7, Seite an Seite mit dem Kooperationspartner Bioland. Die Meinungen darüber gingen auseinander: Ein Aussteller der ersten Stunde sagte, er habe es nie für möglich gehalten, einmal Messewand an Messewand mit Lidl zu stehen. 

Auch das Programm war stärker als in den Vorjahren auf die LEH-Zielgruppe abgestimmt. „Neben einer neuen „Trendtour Handel“ gab es auch bei den Veranstaltungen in diesem Jahr mehr Angebote für Händler“, sagt Saskia Viedts, Managerin Public Relations bei der Biofach. Besonders angesprochen wurde der selbstständige Einzelhandel (SEH). So gab es neben der um eine Ladenzeile vergrößerten Sonderschau „Bio im SEH“ verschiedene Kongressveranstaltungen und Diskussionen zum Thema (wie etwa das Marktgespräch der BioHandel Akademie).

AHV mit eigener Tagung

Ein Bereich, der immer mehr in den Fokus rückt, ist die Außer-Haus-Verpflegung (AHV). So gab es in diesem Jahr erstmals die eigene Sonderfläche „Bio Außer-Haus”. Hier präsentierten sich die verschiedenen Anbau-Verbände, Hersteller und Großhändler mit ihren Angeboten für den AHV-Markt. Bioland bot auf seiner Plattform „Cook + Talk“ zahlreiche Kochshows und Vorträge zu Bio und Nachhaltigkeit in der Profiküche an.  

Bereits einen Tag vor dem offiziellen Messebeginn startete die zweitägige AHV-Tagung „Bio im Fokus: Erfolgreich einkaufen, einsetzen und kommunizieren“, zu der das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eingeladen hatte. Hier wurden die Teilnehmenden über aktuelle Förderungen und erfolgreiche AHV-Projekte informiert und erhielten Einblicke in die Umsetzung regionaler und verlässlicher Lieferketten. 

Außerdem wurden in Workshops verschiedene Themengebiete bearbeitet wie etwa der Einstieg mit Bio in die Profi-Küche oder die betriebliche Nachhaltigkeitskommunikation. Viele Fragen an die Referenten und engagierte Diskussionen zeigten, wie wichtig das Thema Bio in der AHV ist – und wie wichtig auch der Austausch darüber ist, bei dem die unterschiedlichen Akteure miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen können.

Neue Formate

Ihr Kongressprogramm hatte die Messe bereits 2024 um das „SustainableFutureLab“ (SFL) erweitert. Dieses neue, interaktive Format wurde auch in diesem Jahr von zahlreichen Messeteilnehmenden besucht. Ziel sei es, Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit zu geben, vielschichtige und teils kontroverse Themen zu diskutieren – auch solche, mit denen sich die Bio-Branche schwertut, so die Veranstalter. 

Bei einer Diskussion ging es unter anderem darum, dass Nachhaltigkeit als alleiniges Verkaufsargument nicht mehr funktioniere. Diskutanten beim SFL waren beispielsweise Jannis Meseke, Head of Marketing bei Voelkel, BNN-Geschäftsführerin Kathrin Jäckel und Lidl-Manager Hans Martin Hermann. 

Organisiert wird das SFL in Kooperation mit verschiedenen Partnern. Die Biofach tritt als Co-Host auf. Maßgeblich an der Entwicklung beteiligt waren Nora Taleb und Julian Stock vom Netzwerk Good Food Collective (GFC)

Raum für Newcomer

Die sinkenden Aussteller-Zahlen der Vorjahre zeigen die Notwendigkeit, die Konzepte für Veranstaltungen und Sonderflächen auf der Biofach zu überarbeiten. Darauf hat die Messe reagiert: So verhalf sie unter anderem auch Start-ups und Newcomern in diesem Jahr zu mehr Aufmerksamkeit. Zum ersten Mal vergab die Biofach den messeeigenen Biofach Start-up-Award an den Currysoßenhersteller Kooray.

Neu war auch der Bereich „Planetary Health“, der die „Erlebniswelt Vegan“ erweitern sollte. In ihrer Vorankündigung warben die Biofach-Veranstalter mit Produktausstellungen, Vorträgen und Live-Cooking. Sie weckten große Erwartungen, die mit Blick auf die etwas karge Veranstaltungsfläche nicht ganz erfüllt wurden. Diese besser zu gestalten, zu bespielen und den Raum inhaltlich zu füllen, wird wohl ein Thema für die Biofach 2026 sein.

Freude bis Resignation

Das Feedback der Besucherinnen und Besucher, der Aussteller und Branchen-Experten auf den Podien des Biofach-Kongresses reichte von besagter Frustration mancher Naturkosmetikaussteller bis hin zur Begeisterung über das gute Miteinander beim größten Bio-Branchen-Treff der Welt. So schrieb Rosalie Dorn, Mitglied der Geschäftsführung bei Rapunzel, nach der Messe auf Linkedin von „vielen neuen Inspirationen, spannenden Vorträgen, wertvollen Gesprächen mit Lieferanten, Kunden und Bekannten und großartigen Begegnungen“.

Auch das Resümee der Veranstalter war am Ende der vier Messetage positiv: „Die Stimmung war ausgezeichnet“, sagte Biofach-Direktor Dominik Dietz. „Es war beeindruckend, wie lösungsorientiert und innovativ die Community den multiplen Krisen begegnet und die Kraft der Bio-Branche zu spüren!“ Dietz zufolge hatten die Aussteller bei Messeschluss bereits knapp 80 Prozent der Fläche für 2026 gebucht.

Kommentare

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Markus Maaß

MMMh.
als sehr langjähriger und vielleicht nicht ganz unvernetzter Biofachbesucher habe ich aus dem Bereich FH leider ein ganz anderes Feedback als diese Jubelarien vernommen. Von FH BesucherInnen bis hin zu FachhandelsausstellerInnen (und auch solchen, die nicht ausstellten, sondern nur besuchten).
Die Daumen zeigten durch die Bank nach unten, viele zweifelten an neuer Buchung/Besuch im Folgejahr. Ich fürchte hier eine FH-Abwärtspirale.
Als symthomatisch wurde von manchem die Präsenz (bei sonstiger Abstinenz) von Rapunzel als Kaffee-Service beim SEH gesehen.
Ja, die Marken zahlen viel, das sehen wir alle. Aber die Kosten des Markenauftritts steht in keinem Verhältnis zu Aufwand und Kosten der EH-FH-BesucherInnen. Kamen bisher schon wenige kleine Läden, weil es personell schon vor Jahren (zu) eng war (und finanziell auch, da hilft ein Gratis-Tagesticket nur sehr begrenzt, wenn Hotel, Vertretung & Anreise mehrere hundert Euro kosten), stellen sich jetzt noch mehr die Frage und je weiter der Nutzen sinkt, desto weniger FH EntscheiderInnen werden kommen.
Klar kann man zugestehen, dass alle nun dem LEH als neu zu bepfasternede Fläche hinterherlaufen udn dort ihr Glück (wirklich?) sehen. Aber glauben denn alle wirklich, dass es ohne FH gehen wird und er ruhig aussterben darf? Hat jemand mal gemessen, wie wichtig die Markenpräsenz in Hofläden ist, damit die Marke ihre Bio-Erdung behält?
Wenn ich es richtig höre, herrscht im FH überall Not & Frust. LEH Konkurrenz (zu allen anderen unfairen dazu), Personalmangel, Überstundenberge , Überlastung, Investitionsstau (Co2 Kühlung) und Wegbrechen langjähriger Partner in Urproduktion & Verarbeitung (ganz zu vom Lohn zu schweigen, für den große Hersteller/Marken nichtmal aufstehen würden) . Da gehen den Idealisten die Ideale verloren, das wird die KonsumentInnenwarnehmung von Bio ähnlich stark ändern wie das Wegbrechen der Idealbild-Biohöfe.

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