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Pestizideinsatz

Bio-Verbände fordern Schadensfonds in Millionenhöhe

Chemisch-synthetische Pestizide aus der konventionellen Landwirtschaft verursachen für die Bio-Branche Kosten von mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr. Zu diesem Ergebnis kommen der BNN und das BEL. Sie fordern von der Politik einen Schadensausgleichsfonds.

Bio-Unternehmen und ihre Kunden werden mit erheblichen Kosten belastet, die durch chemisch-synthetische Pestizide aus der konventionellen Landwirtschaft verursacht werden. Das zeigt eine Umfrage, die das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BEL) und der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) durchgeführt haben. Demnach müsse die Branche rund 23 Millionen Euro pro Jahr allein für freiwillige Pestizidrückstandsanalysen ihrer Produkte aufbringen, teilten die beiden Verbände am Dienstag mit.

In dieser Rechnung nicht enthalten seien Personalkosten sowie Kosten für Reklamationen auf Grund unverschuldeter Belastung von Bio-Produkten mit chemisch-synthetischen Pestiziden. „Wir müssen immer unsere Unschuld beweisen“, kritisierte Stephan Paulke, Geschäftsführer des Morgenland-Herstellers Egesun. Auf einer Podiumsdiskussion auf der Biofach sagte er, dass die notwendigen Pestizidkontrollen seinem Unternehmen mehrere 100.000 Euro pro Jahr an Zusatzkosten einbrockten, „die in unseren Produkten stecken".

BEL und BNN schätzen die gesamten Folgekosten durch chemisch-synthetische Pestizide für die Bio-Branche in Deutschland auf mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr. Die Verbände fordern die Bundesregierung deshalb auf, dem Verursacherprinzip folgend sofort einen Schadensausgleichsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr einzurichten. Dieser müsse durch die Unternehmen finanziert werden, die chemisch synthetische Wirkstoffe in den Verkehr bringen, so die beiden Verbände.

„Eine umfassende Bezifferung der gesamten Folgekosten für die Biolandwirtschaft ist nicht einfach“, teilte BEL-Vorstandsmitglied Niels Kohlschütter mit. Oft würden Landwirte ihre Abdrift-Schäden und dadurch bedingte Ernteverluste nicht melden. „Wir gehen aber davon aus, dass die Personalkosten als auch die Kosten für Reklamationen auf Grund von chemisch-synthetischen Pestiziden deutlich höher sind, als die reinen Analysekosten.“

Spielerisch gegen Pestizide

Gesellschaftsspiel „Summsalabim“

Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft* hat in Zusammenarbeit mit Gaiagames das Spiel „Summsalabim“ entwickelt, das Kinder ab fünf Jahren spielerisch motivieren soll, etwas für den Schutz von Hummeln und Wildbienen zu tun. Gleichzeitig will das Spiel den Kindern die Problematik des Pestizideinsatzes in der konventionellen Landwirtschaft und dessen Auswirkungen auf Umwelt und Artenvielfalt näher bringen.

Zur Finanzierung der ersten Auflage des Spiels hat Gaiagames eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, welche noch bis 2. März läuft.

*Der bio verlag ist Förderpartner des Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft

Hier geht's zur Crowdfunding-Kampagne

Jährlich werden rund 30.000 Tonnen Ackergifte in Deutschland gespritzt. Die Zahl stammt von den Verkäufen entsprechender Mittel. Bislang gibt es kein systematisches Monitoring des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pestiziden. Dem BNN und BEL zufolge mangele es auch an einer unabhängigen Forschung zu den Folgekosten. Die beiden Verbände fordern die Bundesregierung deshalb auch dazu auf, entsprechende Forschung zu veranlassen und zu finanzieren.

Im Öko-Landbau dürfen chemisch-synthetische Pestizide nicht eingesetzt werden. Studien haben in der Vergangenheit jedoch gezeigt, dass sich diese beim Einsatz auf konventionellen Äckern über die Luft kilometerweit ausbreiten und damit teilweise auch Bio-Ackerflächen belasten. Zuletzt konnte das eine Untersuchung in Österreich belegen, an der unter anderem der Tee- und Gewürzhersteller Sonnentor beteiligt war.

„Um die Bio-Standards ihrer Produkte zu garantieren, sind unsere Unternehmen gezwungen, regelmäßig Rückstandsanalysen durchzuführen“, so BNN-Geschäftsführerin Kathrin Jäckel. „Aus dem BNN-Monitoring, das seit 20 Jahren durchgeführt wird, geht hervor, dass die Belastungen jedes Jahr steigen.“ Es seien die Bio-Kunden, die für diesen Pestizideinsatz bezahlten. „Dieses ungerechte System muss endlich ein Ende haben“, so Jäckel.

An der Umfrage „Analysekosten für Pestizide“ beteiligten sich 44 Unternehmen der Bio-Branche aus der gesamten Wertschöpfungskette mit einem Gesamtumsatz von rund 3,6 Milliarden Euro. Laut BNN und BEL betragen die jährlichen Analysekosten für chemisch-synthetische Wirkstoffe bei diesen Unternehmen zusammen etwa drei Millionen Euro pro Jahr.

Die Kosten fallen demnach hauptsächlich bei Verarbeitern und Herstellern an. So machten Rückstandsanalysen bei den Verarbeitern 0,51 Prozent des Gesamtumsatzes aus, bei den Herstellern 0,22 Prozent. „Die Umfrageergebnisse ergeben hochgerechnet auf alle Unternehmen der Bio-Branche Analysekosten von rund 23 Millionen Euro pro Jahr“, teilten die beiden Verbände mit.

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