Seit Jahren lässt die Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Milch Board den Preis ermitteln, den Bauern für ihre Milch bekommen müssten. Dieser Milch-Marker-Index (MMI) ergab für das Wirtschaftsjahr 2020/2021 konventionell einen notwendigen Betrag von 45,3 Cent je Liter; für Bio-Milch waren es 64,4 Cent.
Tatsächlich bekommen haben die Milchbauern von den Molkereien im Schnitt 35,8 Cent konventionell und 48,6 Cent bio. Damit deckte der Bio-Preis nur 76 Prozent der tatsächlich beim Landwirt angefallenen Kosten. Wobei diese Kosten auch einen ordentlichen Lohn für die geleistete Arbeit enthalten.
So entsteht ein fairer Preis
Errechnet werden diese Preise vom Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft auf der Basis bundesweiter betriebswirtschaftlicher Auswertungen und aktueller Preisentwicklungen, etwa für Betriebsmittel. Es sind also Durchschnittszahlen mit einer hohen statistischen und wissenschaftlichen Qualität.
Zu einer angemessenen Entlohnung für den Landwirt und mithelfende Familienmitglieder kommt der MMI so: Für die Arbeitskosten der Landwirtsfamilie werden die tariflichen Gehälter für einen Betriebsleiter und einen Mitarbeiter angesetzt und der Arbeitgeberanteil an den Sozialbeiträgen hinzugerechnet, da der Landwirt sich und seine Familie selbst versichern muss. Keinen Ausgleich gibt es in dieser Rechnung allerdings für die Überstunden. Denn ein Landwirt arbeitet deutlich mehr als die tariflichen 1960 Stunden im Jahr.
Für den Überstundenausgleich müsste der Preis also sogar noch etwas höher als 64 Cent sein. Tatsächlich ist er mit knapp 50 Cent deutlich geringer. Das bedeutet laut MMI, dass der Landwirt für seine Arbeit nicht den tariflichen Lohn für einen Betriebsleiter erhält, sondern etwa ein Drittel davon. Anders formuliert: Bio-Milch kann im Laden nur deshalb so günstig sein, weil die Milchbauern weit weniger für ihre Arbeit bekommen als den gesetzlichen Mindestlohn.
Mehr Geld für die Milch
Um solide wirtschaften zu können und ökologisch zukunftsfähig zu sein, sei es dringend notwendig, dass der Bio-Milchpreis steigt, sagt Frank Lenz, Vorstand der MEG Milch Board: „Wer als Bio-Betrieb am Markt bleiben will, muss investieren! Er braucht eine passende Milchleistung, bestes Grundfutter und muss Tiergesundheit und Tierwohl auf hohem Niveau halten. Wird dies alles nicht durch den Bio-Milchpreis abgedeckt, ist die Wirtschaftlichkeit der Bio-Betriebe schnell infrage gestellt.“ Die Auswirkungen auf den beabsichtigten ökologischen Umbau der Landwirtschaft und auf umstellungswillige Betriebe seien dann fatal.
Auf die Frage an ein großes Bio-Handelsunternehmen vor einigen Monaten, warum es den Milchbauern keinen fairen Preis zahle, gab es sinngemäß die Antwort: dies gebe der Markt nicht her. Dass man den Markt durchaus selbst gestalten kann, zeigte die kleine norddeutsche Bioland-Meierei Hamfelder Hof. Sie vereinbarte vor einigen Monaten mit ihren Bauern einen Milchpreis von 70 Cent je Liter verbunden mit klar definierten Zielen in Sachen Tierwohl und Naturschutz.
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.