Biohandel

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Verband Ökokisten

Bio-Lieferdienste wachsen langsamer aber gesünder

Trotz Umsatzeinbußen im vergangenen Jahr sieht Ökokisten-Geschäftsführer Gernot Meyer die Bio-Lieferbetriebe in seinem Verband gut aufgestellt. Neben der Inflation macht manchen Anbietern auch die konventionelle Konkurrenz zu schaffen.

Der interne Umsatzmonitor des Verbandes Ökokiste e.V. zeigt es deutlich: Die Entwicklung bei den Lieferdiensten ist seit 2022 rückläufig. Konnten die stationären Bioläden im vergangenen Jahr wieder ein leichtes Plus verzeichnen – nach drastischen Umsatzeinbußen im Jahr zuvor –, gingen die Umsätze bei den Ökokisten 2023 im niedrigen Prozentbereich zurück.

Damit lagen sie laut der Gernot Meyer Unternehmensberatung (GMU Consulting), welche die Geschäftsstelle des Ökokisten-Verbandes innehat, trotzdem deutlich über dem Niveau von 2019, denn während der Pandemie hatten sich die Umsätze auf Basis von 2019 bis 2021 um mehr als 75 Prozent gesteigert. Und zu Beginn 2024 nähern sich die Umsätze wieder dem Vorjahresniveau an. Insgesamt erzielten die 50 Betriebe des Verbandes im vergangenen Jahr einen Gesamt-Umsatz von rund 150 Millionen Euro brutto bei Umsätzen von durchschnittlich 40 bis 50 Euro je Lieferung.

Konkurrenz durch konventionelle Anbieter

Neben der Inflation macht manchen Ökokisten auch die konventionelle Konkurrenz zu schaffen. Während die Läden mit Discountern, Drogerien und dem LEH in einem immer stärkeren Wettbewerb stehen, sind es bei den Lieferdiensten auch Firmen wie Knuspr und Picnic. Diese werben nicht nur mit günstigen Angeboten, sondern auch mit Bio, Regionalität und Nachhaltigkeit.

Gerade erst hat Picnic – an dem Edeka beteiligt ist – angekündigt, seine Reichweite und den Umsatz in Deutschland deutlich ausweiten zu wollen. „Noch machen sie keinen Gewinn, sondern haben bisher nur Geld reingepumpt“, weiß Meyer und verweist darauf, dass die Ökokisten-Mitglieder meistens Gewinn erzielen – und dies schon seit über 20 Jahren. „Es ist eine spannende Situation, weil keiner so richtig weiß, wie es weitergeht“, sagt er.

Ökokisten beliefern auch ländliche Gebiete

Bisher beliefern konventionelle Anbieter nur Kundschaft in Ballungsräumen, die Ökokisten dagegen auch Haushalte in ländlichen Gebieten. Dadurch fallen pro Kunde auch mehr Kilometer an, so Meyer, was zu höheren Kosten für die Lieferungen führt. Die Betriebe sind auch sehr bemüht, so weit möglich, die Haushalte mit E-Transportern oder Lastenfahrrädern zu beliefern. Und sie ergreifen Maßnahmen, um ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren und gegebenenfalls mit anerkannten Methoden zu kompensieren.

Insgesamt seien die Ökokisten über die Jahre stetig, aber langsamer gewachsen als die neuen, großen Newcomer – dafür aber gesund. Nicht zuletzt hätten die Betriebe durch ihr Abokisten-System mit dem Angebot, Zusammenstellungen (meist Gemüse und Obst) zu abonnieren – das zusätzlich zur individuellen Bestellvariante besteht –, eine bessere Planbarkeit. Sie vermitteln nachhaltige Werte auch in schwierigen Zeiten wie diesen und versuchen weiter mit Anbauabsprachen ihren regionalen Lieferanten gesicherte Absätze zu ermöglichen.

Als sich 1996 der Verband Ökokiste e.V. gründete, waren gerade mal sieben Gärtnerbetriebe am Start, die ihr Obst und vor allem Gemüse als Lieferdienste direkt vermarkteten. Die Idee hinter dem Zusammenschluss: Die Beteiligten wollten voneinander lernen und auch einen internen Betriebsvergleich aufbauen – damals steckten die Bio-Lieferdienste schließlich noch in den Kinderschuhen.

Heute gehören dem Verbund 50 Betriebe an, darunter eine ganze Reihe größerer Firmen, aber auch kleine Betriebe, verteilt über ganz Deutschland. „Die Anzahl der Lieferungen pro Betrieb und Woche reicht von 100 bis über 5.000 – die Spannbreite ist also groß“, berichtet Meyer. Der Verband hat einen dreiköpfigen Vorstand, bestehend aus Betriebsinhabern oder -leitern. Vorsitzender ist Jochen Saacke, Geschäftsführer der Höhenberger Biokiste in Velden.

Alternative zu konventionellen Lieferdiensten

Der Anspruch der Ökokisten sei es, nicht nur als Alternative zu den konventionellen Lieferdiensten wahrgenommen zu werden, sondern als in der Region verwurzelter Onlinehändler mit breitem Angebot, umfassendem Service und nachhaltigem Konzept. Dazu soll auch deutschlandweite Werbung und Präsenz in den Social-Media-Kanälen beitragen.

Nach wie vor sind die Mitglieder des Verbundes in einem angeregten Austausch. Zwei Mal im Jahr treffen sich rund 60 Verantwortliche zu mehrtägigen Workshops, und ebenfalls zwei Mal im Jahr kommen die Mitarbeitenden zusammen, um sich auszutauschen und Betriebe zu besichtigen, erzählt Gernot Meyer. Seit Corona gibt es auch viele Online-Meetings zu verschiedenen Themen wie etwa Personal, Marketing, Optimierung der Packvorgänge, E-Logistik, Bauen oder Firmenrecht. Der Austausch sei sehr kollegial, auch wenn es durch regionale Überschneidungen inzwischen mehr Wettbewerb innerhalb des Verbundes gebe. Aber jeder Betrieb habe sein eigenes Profil – seine eigene Geschichte, seine eigenen Herzensprojekte und eigene Geschäftsmodelle.

Keine Konkurrenz zu Bioläden

Als Konkurrenz zu den Läden sieht Meyer die Lieferdienste übrigens nicht – eher als positive Ergänzung. Einige Zeit herrschte die Befürchtung, dass sich der Markt in Deutschland ähnlich entwickeln könnte wie beispielsweise in England. Dort schlossen etliche Geschäfte, dafür entstanden überall Lagerhallen für Lieferdienste. Doch eine solche Entwicklung fand hierzulande nicht statt. Für Läden wiederum rechne sich ein Lieferservice oft nicht, so Meyer, da er logistisch sehr aufwändig sei.

Seit etwa fünf Jahren gibt es neben dem jährlichen detaillierten Betriebsvergleich einen internen Umsatzmonitor, in den jeder Betrieb wöchentlich und online seine Umsatz- und Auftrags-Daten eingibt und dann sofort die eigene Entwicklung seit 2018 nachverfolgen und mit den Verbandsdurchschnitten vergleichen kann. Dies zeigt jedem Betrieb sehr schnell, inwieweit sich seine eigene Entwicklung mit dem gesamten Durchschnitt des Verbandes, mit denen der eigenen Größenordnung oder denen im eigenen Bundesland deckt.

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