Das Leben schreibt die besten Geschichten. Und weil die Kundschaft gute Geschichten liebt, lohnt es sich, sie zu erzählen. So wie die des Allgäuer Bio-Herstellers Rapunzel und der italienischen Bio-Marke Girolomoni.
Als Rapunzel-Gründer Joseph Wilhelm Anfang der 80er-Jahre nach Gleichgesinnten für die noch neue Bio-Idee suchte, traf er auf Gino Girolomoni, Vorreiter für biologische Landwirtschaft in Italien. Die gemeinsamen Werte waren es, die beide miteinander verbanden.
Gino Girolomoni, Sohn eines Bauern, setzte sich schon früh dafür ein, die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen seiner ländlichen Heimat wiederzubeleben. Er wollte, dass die Marken – eine noch ländlichere Nachbarregion als die Toskana – nicht entvölkert wird, sondern belebt bleibt. In den 70ern verließen viele junge Leute das Land und die Höfe, um in den Städten Arbeit zu finden. Gino überlegte gemeinsam mit Freunden, wie sich die Landflucht stoppen ließe.
1977 hatte er die konkrete Idee: „Wir gründen eine Kooperative. Wir betreiben ökologischen Landbau. Wir bauen Getreide an und machen daraus Pasta. Wir verpacken sie selbst. (...) Damit die Wertschöpfung im Land bleibt. Von hier aus bringen wir unsere Bio-Pasta in die Welt. Wir bauen alte Getreidesorten an. Wir vermahlen das Getreide selbst. Unsere Pasta macht nicht bloß satt, sondern sie verbindet uns auch. Mit der Natur, mit den Menschen und Märkten.“
Seinen Plan setzte er in die Tat um. Zur Kooperative zählen heute rund 200 Bio-Landwirtinnen und -Landwirte. Weitere 200 Vertragsbauern liefern vor allem Weizen ab. Sie bekommen laut dem Unternehmen Girolomoni Garantien für die Abnahme der Ernten. Vier Agraringenieure betreuen die Bauern in Fragen rund um den ökologischen Landbau. Im Mittelpunkt stehe ein hoher Qualitätsanspruch und stetige Verbesserung des Getreides, Initiative für samenfesten, also nachbaufähigen Hartweizen, Erhalt und Anbau alter Sorten wie Emmer, heißt es aus dem Unternehmen.
Export in 30 Länder

Der geerntete Weizen wird in der Girolomoni-Mühle auf dem Montebello-Hügel in der Nähe von Urbino in der Region Marken gemahlen.
Mühle und Nudelfabrik der Kooperative verarbeiten jährlich etwa 12.000 Tonnen Getreide zu rund 9.000 Tonnen Pasta, die in mehr als 30 Länder dieser Erde exportiert werden. Etwa 60 Menschen haben eine feste Arbeit in der Mühle und der Nudelfabrik auf dem Montebello-Hügel in der Nähe von Urbino.
Hergestellt wird die Pasta aus zwei Zutaten: Quellwasser aus den Apenninen und Grieß aus frisch gemahlenem Hartweizen. In der hochmodernen Getreidemühle in der Nähe von Urbino in der Region Marken, die seit 2019 zur Fabrik gehört und gleich nebenan steht, wird der Weizen verarbeitet. Kurze Lagerzeiten, direkte Wege, faire Preise für die Bauern – die Herstellung vom Korn bis zur Nudel liege nun in einer Hand, betont das Unternehmen.
Die Pasta soll außerdem besonders bekömmlich sein. Die Nudeln trocknen mehrere Stunden lang bei einer Temperatur von höchstens 60 Grad Celsius. So bleiben viele Nährstoffe erhalten, betont man bei Girolomoni. Industriell gefertigte Pasta dagegen trockne nur drei bis vier Stunden lang bei 100 Grad.
Girolomoni exportiert in 30 Länder, darunter in die USA und nach Japan. Auch den Weg in den Lebensmitteleinzelhandel haben die Produkte gefunden: Erhältlich sind die Waren der Nudelfabrik über die eigene Website, Bio-Online-Handelsportale, Weltläden wie auch über Amazon. In Deutschland ist Rapunzel der einzige Bio-Anbieter, der die Pasta vertreibt. Aber auch der Lieferdienst Knuspr führt sie im Sortiment.
Partnerschaft mit Rapunzel war die Rettung
Ohne die Partnerschaft mit Rapunzel allerdings hätte die Geschichte der Nudelfabrik ihr Ende gefunden. In Italien war Vollkornpasta für einige Zeit verboten. Die Vollkornnudeln der Kooperative Girolomoni wurden sogar von staatlicher Seite beschlagnahmt. Vollkorn galt damals in Italien als ungesund, ja als geradezu giftig, da in den Randschichten des Korns so viele Pestizide steckten.
Ökologischer Landbau war in Italien noch völlig unbekannt. Die Kooperative wehrte sich vor Gericht – ohne Erfolg. Zu Girolomonis Glück waren in Deutschland Vollkornnudeln erlaubt. Die Zusammenarbeit mit Rapunzel, die Girolomoni-Nudeln in deutsche Bio-Läden brachte, hat das Überleben der Kooperative gesichert. Die Gerichtsverhandlungen zogen sich über Jahre. Eines Tages gab ein findiger Anwalt den Tipp, man solle auf die Verpackungen nicht Pasta aus Vollkorn schreiben, sondern Fussili, Spaghetti oder Rigatoni aus Vollkorn. Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte.
Auszeichnung mit dem EU-Bio-Award

Die nächste Generation: Maria, Samuele und Giovanni.
Als Gino Girolomoni im Jahr 2012 starb, übernahmen seine Kinder die Geschäfte. Seine Überzeugung gab der Gründer weiter an die nächste Generation. Die beiden Söhne Giovanni und Samuele leiten seither die Kooperative und die Fabrik. Tochter Maria kümmert sich um den Agriturismo auf Montebello.
Im Jahr 2023 wurde der Landwirtschaftsbetrieb als erstes italienisches Unternehmen mit dem EU-Bio-Award in der Kategorie „Kleine und mittlere Unternehmen in der Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln“ ausgezeichnet, eine renommierte Auszeichnung im Bereich der ökologischen Landwirtschaft. „Gino Girolomoni steht wie kaum ein anderes Unternehmen für die Werte, die auch uns bei Rapunzel am Herzen liegen: biologische Landwirtschaft, eine nachhaltige Produktionsweise und der tiefe Respekt vor Mensch und Natur“, heißt es von Rapunzel. Giovanni Battista Girolomoni, der Sohn des Gründers, betont: „Dieser Preis ist nicht nur eine Auszeichnung für unsere Arbeit, sondern auch eine Anerkennung der Philosophie, die unser Vater Gino von Anfang an gelebt hat: Die Erde zu ehren und das Beste aus ihren Gaben zu machen.“
Ein neues Ziel hat man sich in auf dem Montobello-Hügel bereits gesetzt: Eine CO²-neutrale Pasta-Produktion.
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