Wer im Frühjahr durch die Lommatzscher Pflege reist, der sieht aller Orten sattgelb getränkten Raps in voller Blüte stehen. Der Anbau des Kreuzblütengewächses, aus dem der Deutschen beliebtestes Speiseöl gepresst wird, ist selbst hier, in der sogenannten „Kornkammer Sachsens“ mit ihrem fruchtbaren Lößboden aufgrund von Bodenerosion nicht immer einfach. Die Folgen des Klimawandels sind auch hier zu spüren.
Das Problem betrifft auch die hier beheimatete Ölmühle Moog, die einen Teil der Lommatzscher Raps-Ernte verarbeitet. Denn die Güte der Rohware beeinflusst maßgeblich die Qualität und den Geschmack ihrer Öle. Auch deshalb hat der Hersteller der Bio-Fachhandelsmarke Bio Planète vor kurzem ein Feldseminar organisiert, bei dem es um die Vorteile der Agroforstwirtschaft geht, auch für den Rapsanbau.
Das Miteinander von Bäumen, Sträuchern und Landwirtschaft gilt als einer der vielversprechendsten ökologischen Ansätze gegen die Klimaerwärmung und die daraus resultierende Trockenheit der Böden – und war früher allgegenwärtig in Deutschland. Heute ist es die Ausnahme. „Agroforst in Kombination mit Ölsaaten gibt es so gut wie überhaupt nicht mehr in Deutschland“, sagt Pressesprecherin Antje Steglich.
Erste Bio-Ölmühle Europas
„Es war Pflichtbewusstsein, aber auch, weil ich die Sache richtig fand.“
Es ist nicht das erste Mal, dass der Hersteller so etwas wie Pionierarbeit leistet. 1984, es ist die Zeit der Aussteiger, es gibt weder Verbandsregularien noch eine EU-Bio-Richtlinie, gründet Franz J. Moog ein Bio-Unternehmen im südfranzösischen Bram, ziemlich genau mittig gelegen zwischen Toulouse im Nordwesten und der Mittelmeerküste im Osten.
Als er wenige Jahre später unerwartet aus dem Leben scheidet, übernimmt Tochter Judith mit Anfang 20 parallel zu ihrem Studium der Ernährungswissenschaften den Betrieb und entwickelt ihn zur ersten Bio-Ölmühle Europas weiter. „Es war Pflichtbewusstsein, aber auch, weil ich die Sache richtig fand“, sagt sie.
„In meinem Leben war die Landwirtschaft und die Verarbeitung von Lebensmitteln immer präsent. Ich hätte mir aber gewünscht, dass ich nicht so früh hätte Verantwortung übernehmen müssen. Und nicht dort unten in der Ecke.“ Die Gegend sei rau und nicht gerade bevölkerungsreich. „Als junge Frau würde man auch woanders wohnen wollen“, sagt sie mit einem Schmunzeln.
Von Provinz zu Provinz
Die heutige Heimat von Judith Moog ist noch weniger dicht besiedelt, aber heute zählen andere Dinge. Hier in Lommatzsch-Klappendorf, wohin sie einst ihrem späteren Ehemann, einem Bio-Landwirt, gefolgt war, führt die Ölmüllerin nicht nur ein deutsch-französisches Unternehmen mit 160 Mitarbeitenden. Sie hat dort außerdem einen Biohof mit etwas mehr als 400 Hektar Ackerfläche, auf der Sonnenblumen, Raps und Leinsaat wachsen.
Der andere Teil des Personals füllt im fünf Autominuten entfernten Mehlteuer den Großteil der inzwischen mehr als 70 überwiegend nativen Bio-Planète-Öle aus 1000-Liter-Kanistern in Glasflaschen unterschiedlicher Größe ab und managt von dort Qualität und Lieferkette. Gepresst werden die Saaten, Nüsse und Früchte neben Bram im 200 Kilometer entfernten Kroppenstedt, von dort werden sie nach Mehltheuer gefahren, analysiert und dann abgefüllt. In zwei Schichten laufen hier pro Tag zehntausende Flaschen voll, pro Woche werden bis zu 40 Tonnen Kokosöl abgefüllt.
Ins rund 1.600 Kilometer entfernte Bram, wo etwa die Hälfte der Beschäftigten Ölsaaten direkt verarbeitet und zu Öl gepresste Oliven aus Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Tunesien in 1-Liter-Flaschen abfüllt, reist Judith Moog einmal im Monat. Seit 2004 vertreibt die Ölmühle Moog Bio Planète zusätzlich von Klappendorf aus. In einer umgebauten Scheune arbeitet ein Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an neuen Produkten, Strategien, Marketing- und Vertriebsideen. Viele davon nutzen Teilzeitmodelle, Homeoffice gab es in Klappendorf schon bevor Sars-Cov-2 kam.
Der andere Teil des Personals füllt im fünf Autominuten entfernten Mehlteuer den Großteil der inzwischen mehr als 70 überwiegend nativen Bio-Planète-Öle aus 1000-Liter-Kanistern in Glasflaschen unterschiedlicher Größe ab und managt von dort Qualität und Lieferkette. Gepresst werden die Saaten, Nüsse und Früchte neben Bram im 200 Kilometer entfernten Kroppenstedt, von dort werden sie nach Mehltheuer gefahren, analysiert und dann abgefüllt. In zwei Schichten laufen hier pro Tag zehntausende Flaschen voll, pro Woche werden bis zu 40 Tonnen Kokosöl abgefüllt.
Tradition und Fortschritt
Das Gros der Öle produziert Bio Planète selbst. In Bram und Kroppenstedt werden die Saaten, Früchte, Kerne und Nüsse vorbereitet für ihre Verarbeitung in den Pressen. Bestimmte Sorten werden geschält, andere geröstet – immer mit dem Ziel, alle wertvollen Nährstoffe und den vollen Geschmack in die Flasche zu bekommen. Dabei kommen herkömmliche und moderne Verfahren zum Einsatz: Die nativen Öle entstehen ganz traditionell durch eine einmalige mechanische Kaltpressung. Anschließend werden sie auf Zellulose gefiltert und bis zur Abfüllung in Edelstahltanks gelagert.
Für sein mildes Leinöl wiederum hat Bio Planète eine sogenannte 3D-Filtration entwickelt, um dem Öl einen Eiweißbaustein und damit die Bitterkeit entziehen zu können. Um am Ende das bestmögliche Ergebnis in der Flasche zu haben, sind viele der in der Produktion eingesetzten Geräte Spezialanfertigungen. Neben den Olivenölen, bei denen aus Qualitätsgründen die Früchte direkt vor Ort verarbeitet werden, stellt Bio Planéte auch das geogeografisch geschützte „Steirische Kürbiskernöl“ nicht selber her.
Und auch Fairtrade-Produkte wie das Avocado-Öl lässt der Hersteller in den jeweiligen Ländern produzieren, um den Großteil der Wertschöpfung dort zu lassen. 2021 hat Bio Planète knapp fünf Millionen Flaschen und Gläser verkauft. Darunter Klassiker wie Raps- und Sonnenblumenöl, Gourmetprodukte aus Aprikosenkernen und Walnüssen oder Vital-Öle aus Schwarzkümmel- und Leinsamen. Ob für Salate und Dressings, zum Würzen, Backen, Frittieren oder zur Nahrungsergänzung – das Sortiment lässt kaum einen Wunsch offen.
Bio Planète weltweit
Den Großteil seiner Öle verkauft der Bio-Pionier über den Fachhandel in Deutschland. Wichtige Absatzmärkte im Ausland sind vor allem nordeuropäische Länder, Polen oder China. Auch in Japan, Taiwan, Hongkong und Südkorea können Menschen Bio Planète kaufen. Der Verkauf in Tschechien wird gerade aufgebaut. In Deutschland wächst die Marke kontinuierlich mit dem Markt, „manchmal auch etwas stärker“, sagt Judith Moog.
Gut entwickelt habe sich zuletzt auch das Geschäft in Frankreich. Schwierigkeiten bereitete hingegen das erste Coronajahr, weil Ölmühlen nicht so schnell ihre Mengen variieren können. „Das fiel uns ein bisschen schwer“, sagt Moog. Aktuell bremst den Hersteller ein Verpackungsmangel, unter anderem weil Glashütten in der Ukraine im Zuge des Krieges keine Flaschen mehr produzieren.
Ölkompositionen gefragt
Einer der stärksten Trends sind Judith Moog zufolge die Brat- und Backöle. Auch feste Öle aus Kokosnuss, Ghee oder Shea Butter, ein veganer Ersatz für Butter, laufen gut. Positiv überrascht war man in Klappendorf von der Nachfrage nach der Öl-Komposition „Pizza & Pasta“, die als „Bestes Bio 2022“ ausgezeichnet wurde. Das Produkt aus der Gourmet-Serie läuft so gut, dass Bio Planète nun mit „Curry & Co“. eine weitere Ölkomposition nachgelegt hat.
Auf die Frage, was ein Öl von Bio Planète ausmacht, hat Judith Moog eine klare Antwort: „Wir sind ein sehr ehrliches Produkt. In unseren Flaschen ist immer Spitzenqualität.“ Vom Rohstoff bis zur verkaufsfertigen Flasche werden die Öle bis zu 18 Mal analysiert. „Wir kennen unsere Lieferanten sehr gut, alle sind auditiert und wir suchen die Rohwaren extrem penibel aus.“
„Bio Planète ist unsere Herzensmarke und wir tun alles dafür, dass sowohl die Marke aber vor allem auch der Naturkostfachhandel das bessere Angebot für den Verbraucher hat.“
Bei der Zusammenarbeit achtet Bio Planète zudem darauf, dass die Chemie und die Vision stimmen. „Unsere Lieferantenbeziehungen sind immer langfristig, weil das unseren Werten entspricht und mehr Spaß und Sinn macht“, sagt Judith Moog. „Bei allem, was wir tun, denken wir den Verbraucher mit.“
100 Prozent Deutschland
Wie ernst es Bio Planète damit ist, zeigt der langjährige Einsatz für die heimische Bio-Landwirtschaft, bei dem die regionale Wertschöpfung und damit auch der Klimaschutz im Vordergrund stehen. Im vergangenen Jahr entstand hieraus die Serie „Aus guten Grund“, zu der sechs native Öle gehören. Die Rohstoffe dafür werden vollständig in Deutschland angebaut und verarbeitet.
Pro verkaufter Flasche fließen zehn Cent in eine gleichnamige Initiative für mehr Biodiversität, gesunde Böden und eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die Veranstaltungen ermöglicht wie das Feldseminar zu Agroforst und Ölsaaten. Seit 2019 produziert die Ölmühle Moog mit „Franz & Co.“ auch eine Marke für den LEH. Sie ist eine Reminiszenz an Judith Moogs Vater. Doch die Unternehmerin stellt auch klar: „Bio Planète ist unsere Herzensmarke und wir tun alles dafür, dass sowohl die Marke aber vor allem auch der Naturkostfachhandel das bessere Angebot für den Verbraucher hat.“ Eine Serie wie „Aus gutem Grund“ etwa, werde es nur bei Bio Planéte und damit im Fachhandel geben.
Mit den exklusiven Ölen geht Bio Planète noch weiter. Die insgesamt sieben Produkte waren deutschlandweit die ersten, für die der Planet Score ausgewiesen wird, ein Label, das Umweltbelastungen bei der Produktion von Lebensmitteln ausweist. Die erneute Pionierarbeit wurde belohnt: Alle „Aus gutem Grund“-Öle tragen die Bestnote A.
Ukraine-Krieg, Klimawandel, Corona-Pandemie, Energiekrise, Glasmangel: Das alles bestätigt Judith Moog und ihr Team in ihrem Engagement für eine nachhaltigere Zukunft. „Wir befinden uns in einer Zeit, wo wir uns mehr engagieren wollen, weil wir es können und auch brauchen“, sagt sie. Und auch ganz konkrete Pläne gibt es bei Bio Planète für die Zukunft: Bis 2030 soll auch auf dem Firmengelände in Klappendorf eine eigene Ölmühle mahlen.
Olivenöl aus Südfrankreich?
Südfrankreich war bis Mitte des 20. Jahrhunderts ein veritabler Hersteller von Olivenöl. Seit einem Extremfrost im Februar 1956 mit Schneestürmen und eisigen Temperaturen mehr als 20 Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt ist das Geschichte. In der Kältewelle, die seinerzeit über Europa und Nordafrika hereinbrach, erfror in Südfrankreich ein Großteil der Olivenbäume, was bei den Ölmühlen erst zum Stillstand und dann zur Stilllegung führte.
Weil sich der Olivenanbau in Frankreich wirtschaftlich nicht mehr lohnte, pflanzten die Landwirte Kirschbäume statt neuer Haine. Es war das Ende des kommerziell relevanten Olivenanbaus in Frankreich. Heute ist Italien der mit Abstand größte Olivenöl-Produzent, gefolgt von Griechenland und Italien. In Frankreich wird nur noch vergleichsweise wenig davon hergestellt – aber auch für Bio Planète. „Es ist sehr teuer“, sagt Judith Moog, „aber es ist eines meiner Lieblingsöle“.
Zahlen – Daten – Fakten
Firmenstandorte: Ölmühle Moog: Klappendorf 1, 01623 Lommatzsch / Huilerie Moog SAS: Route de Limoux, 11150 Bram, FR
Gründung: 1984 in Bram, FR; 2004: 2. Standort in Lommatzsch
Mitarbeitende: 160
Produkte: rund 70 Bio-Planète-Öle
Sortiment: Speiseöle (kalte & warme Küche, Nahrungsergänzung) Geschäftsführung: Judith Moog
Webseite: www.bioplanete.de
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