Das Team von Ökoland ist sehr gastfreundlich, keine Frage. In die Firmenzentrale werden interessierte Journalisten trotzdem nicht eingeladen. „Bei uns in Wunstorf gibt‘s nicht viel zu sehen“, antwortet Pressesprecherin Margret Drobek auf die Frage, ob die BioHandel-Redaktion mal vorbeikommen darf.
Wer Ökoland kennenlernen will, der wird dort empfangen, wo die Ökoland-Produkte entstehen: Beim niedersächsischen Bio-Landwirt Blohme und beim Schinkenspezialisten Klüsta. Beide sind für Ökoland wichtige Partner und Beispiele für ein besonderes Miteinander.
Ökoland ist angewiesen auf Bio-Fleisch von besonderer Qualität, um erstklassige Fachhandelsware produzieren zu können. Bio-Bauern und verarbeitende Betriebe wiederum brauchen verlässliche Vermarktungsmöglichkeiten. Die gab es noch nicht, als Ökoland im Jahr 1991 als Tochtergesellschaft der damals größten Bioland-Erzeugergemeinschaft gegründet wurde. Bio-Viehhalter hatten zu dieser Zeit kaum Absatzmöglichkeiten für ihre Erzeugnisse.
Pionierarbeit für Bauern
„Damals gab es zwar schon mexikanischen Bio-Honig im Fachhandel, aber kaum Bio-Fleisch“, erinnert sich der heutige Inhaber und Geschäftsführer von Ökoland, Patrik Müller. Das Unternehmen leistete Pionier-Arbeit. Es baute ein Sortiment mit 130 Produkten aus ökologischer Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung auf – inzwischen auch vegetarische und vegane. Frisch, tiefgekühlt, oder aus der Dose.
Auf dem Hof Blohme in Langwedel wühlen sich 220 Schweine munter durch das Stroh im Auslauf. Hier draußen sind sie am liebsten, sagt Lina Blohme. Sogar im Winter bei Frost. Eine Schweinemast gibt‘s auf dem Hof Blohme schon seit vielen Jahren. Das Gehege im Freien aber ist neu – so wie die Kooperation mit Ökoland.
Vor zwei Jahren haben Blohmes damit angefangen, ihre Landwirtschaft mit 175 Hektar Ackerfläche auf Bio umzustellen. In diesem Sommer werden sie fertig sein. Die konventionelle Landwirtschaft hatte in der Familie eine lange Tradition: Im Jahr 1570 wird der Hof Blohme erstmals urkundlich erwähnt, seither – und wahrscheinlich noch länger – ist er in Familienbesitz.
„Wachse oder weiche“ war jahrhundertelang das Landwirts-Credo. Inzwischen hält Linas Vater Heinrich Blohme das für überholt. Immer mehr Chemie einzusetzen um höhere Erträge zu erzielen, ruiniere die Böden. „Das war mir früher nicht klar, aber jetzt ist das der Stand der Wissenschaft“, sagt er.
„Man ist gefangen im System“, schildert Lina Blohme das Dilemma der konventionellen Landwirte. Die Abhängigkeit von Spritzmitteln beispielsweise werde immer größer, der Handlungsspielraum des Landwirts kleiner.
Obwohl Heinrich Blohme erst 55 Jahre alt ist und noch weit vom Ruhestand entfernt, ist die Übergabe des Hofes an seine zweitälteste Tochter Lina beschlossene Sache. Dem vierfachen Vater ist es ein Anliegen, den Hof vor dem Generationswechsel zukunftsfähig aufzustellen. Dazu passt die Kooperation mit Ökoland. Das Unternehmen kauft den Blohmes von diesem Jahr an alle ihre gemästeten Schweine ab. Das gibt Planungssicherheit.
„Konventionell, das ist nix für mich.“
Früher, erzählt Lina, kamen die Ferkel aus Dänemark und wurden nach der Mast weiterverkauft nach Italien. Nach ihrer landwirtschaftlichen Ausbildung und ihrem Studium war die 24-Jährige sich sicher, dass das nicht so weitergehen kann. Für sie stand fest: „Konventionell, das ist nix für mich.“
Das erste Gespräch mit Ökoland führte Familie Blohme im Jahr 2020. „Bei Kooperationen mit Landwirten ist uns wichtig, dass wir dieselbe Philosophie teilen. Unsere Arbeit wird bestimmt vom Qualitätsgedanken und dem Anspruch, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft leisten zu wollen“, erklärt Dr. Leonie Blume. „Das muss passen“, und mit Blohmes habe es gepasst, beschreibt sie den Anfang der Zusammenarbeit.
Leonie Blume leitet das Agrar- und Rohwarenmanagement bei Ökoland und kennt alle 15 Landwirte, die bei Ökoland unter Vertrag stehen, persönlich. Sie steht in engem Austausch mit ihnen, begleitet und berät sie. Von der Wahl des Tierarztes über kontinuierliche Futtertests bis hin zur Schlachtung, Leonie Blume ist nah dran.
Die Verträge zwischen Ökoland und seinen Partnern haben – anders als die auf dem konventionellen Markt üblichen Jahreskontrakte – eine lange Laufzeit und bieten faire Entlohnung. Damit kann Ökoland punkten und sich abheben von der Konkurrenz, den viel größeren Händlern, die ständig auf der Suche nach neuen Bio-Lieferanten sind.
Fragt man Heinrich Blohme, wie er die Umstellung seiner Landwirtschaft auf Bio erlebt hat, bläst er die Backen auf. Teuer sei das gewesen, anstrengend und aufwändig. Allein die Genehmigungen – beispielsweise für das Außengehege – zu bekommen, habe länger gedauert als gedacht. Was ihm nach eigener Aussage gefällt, ist die Gemeinschaft mit den anderen Bio-Bauern, die sich Maschinen teilen und gegenseitig unterstützen.
Zeigen, dass Biolandwirtschaft rentabel ist
Seiner Tochter Lina ist daran gelegen zu zeigen, dass Bio-Landwirtschaft möglich und rentabel ist – und der richtige Weg. „Man muss es wollen – und können.“ Mit drei Bildern bei Instagram sei das nicht getan, sagt sie.
Bald bekommt sie ihren ersten Auszubildenden auf dem Hof, denn es gibt viel zu tun. Ein zweiter Schweinestall ist in Planung, weitere 300 Tiere sollen in der Mast dazukommen. Nebenbei experimentiert sie mit „Spaßgemüse“, wie sie es nennt. Auf 3.000 Quadratmetern baut sie Knoblauch an. Den verkauft sie frisch oder verarbeitet zu Knoblauchsenf im eigenen Hofladen.
Zweite Station der Ökoland-Rundreise: 196 Kilometer weiter westlich, in Schüttorf, begrüßt uns Patrick Stamme. Er ist der Geschäftsführer von Klüsta Schinken, nach eigenen Angaben eine der ältesten Fleischwarenfirmen Europas mit rund 60 Mitarbeitenden.
Hier wird das regionale Schweinefleisch der Ökoland-Landwirte, auch das der Familie Blohme, zu hochwertigem luftgetrockneten und geräucherten Schinken verarbeitet. Stammes Unternehmen ist – wie der Hof Blohme und viele andere Kooperationsbetriebe von Ökoland – ein Familienbetrieb, Gründungsjahr 1881.
„Wir haben die Nische von Anfang an sehr ernst genommen."
Die Geschäftsbeziehung mit Ökoland besteht seit 20 Jahren. Zwar machen die Bio-Chargen des luftgetrockneten oder geräucherten Schinkens nur einen kleinen Teil der gesamten Jahresproduktion von Klüsta aus. Damit ist der 47-jährige Firmenchef aber sehr zufrieden, wie er sagt.
Die Marktriesen unter den Fleischverarbeitern produzieren neue Sorten erst ab einer Menge von etwa 50 Tonnen, erläutert Stamme. Für sie käme es nicht infrage, zeitweise separate Bio-Chargen zu produzieren. Bei Klüsta ist das anders. Inzwischen ist das Bio-Geschäft für Ökoland zu einem festen zweiten Standbein geworden. „Wir haben die Nische von Anfang an sehr ernst genommen“, betont Patrick Stamme.
Die Zusammenarbeit mit Ökoland bezeichnet er als strategische Ausrichtung, auch um sich dem massiven Preisdruck zu entziehen. Bei den Ausschreibungen der Handelskonzerne wie Aldi müsse man als Anbieter auch die vierte Stelle hinter dem Komma berechnen. „Das ist ein knallhartes Geschäft.“
Drei Fragen an Patrik Müller
Wofür steht das Unternehmen Ökoland?
Der Ursprungsgedanke ist: Wir wollen mehr Ökolandbau in Deutschland. Dazu gehört auch Fleisch. Wir sind aber keine Fleisch- und Wurstfirma. Vegetarische Würstchen haben wir schon seit 20 Jahren im Sortiment. Das ist für uns ganz normal.
Was halten Sie von konventionellen Fleisch-Alternativen?
Konventionelle Produkte bringen die Ökologisierung der Landwirtschaft nicht voran. Sie tragen auch nicht zur gesünderen Ernährung bei, weil sie stark verarbeitet sind. Das muss uns herausfordern. Wir haben das viel ehrlichere Produkt!
Wie gehen Sie mit dem aktuellen Preisdruck um?
Wir werden eher Umsatzrückgänge in Kauf nehmen als auf die Qualität zu verzichten. Es gibt für uns aber keine Rechtfertigung, teurer zu sein ohne besser zu sein.
Patrick Stamme bezeichnet sich selbst als „produktverliebt“. Beim Erzählen über sein Handwerk kommt er regelrecht ins Schwärmen. Bei der Herstellung des luftgetrockneten Schinkens beispielsweise müsse jeder Schritt stimmen – von der Rohwarenauswahl über die Reifung bis hin zur Verpackung.
Stamme produziert seine Bioland-zertifizierten Schinken mit wenigen Zutaten: Fleisch, Salz, etwas Zucker als Nahrung für die Reifekulturen. Nitritpökelsalz, das im Verdacht steht, gesundheitsschädlich zu sein, ist tabu. Ebenso der Zusatz von Aromen, Hefeextrakten und Geschmacksverstärkern.
Auch Flüssigrauch, der heute in der konventionellen Massenproduktion eingesetzt wird, um Fleisch in Nullkommanichts zum Räucheraroma zu verhelfen, kommt Ökoland nicht ins Haus. Bei Klüsta wird in Räuchertürmen nach altem Rezept in Handarbeit Buchenholzsägemehl zum Glimmen gebracht. In diesem Rauch hängen die Schinken bis zu drei Wochen lang. Insgesamt dauert das Naturreifeverfahren vier Monate.
Nur durch diese hohen Qualitätsstandards, sagt Rohstoffmanagerin Leonie Blume, könne entstehen, was Ökoland anbieten möchte: „Ein Produkt für allerhöchsten Genuss.“
Zahlen – Daten – Fakten
Firmenstandort: Wunstorf
Gründung: 1991 als Tochter EZG Bioland GmbH Nord
Mitarbeitende: ca. 20
Produkte: ca. 130 Bio-Produkte, ca. 40% SB-Frische, 30% Trocken, 30% Tiefkühl.
Sortiment: Flexitarier-Marke. Anteil der Lebensmittel aus Fleisch: ca. 60%. Bis 2025: 50% vegetarische/vegane Produkte.
Geschäftsführung: Patrik Müller
Webseite: www.oekoland.de
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