Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Gestiegene Kosten

Bio-Hersteller heben die Preise an

Rohstoffe, Energie, Transport: Vieles hat sich massiv verteuert. Große Bio-Hersteller klagen über eine dramatische Entwicklung und kündigen Preissteigerungen an. Den Einzelhandel stellt das vor eine schwierige Frage.

Die heiße Jahreszeit beginnt für den LEH stets im Herbst. Dann starten die Jahresgespräche und mit ihnen knüppelharte Verhandlungen zwischen Herstellern und Händlern um bessere Konditionen und Preise. Hitzig ging es auch dieses Jahr zu, wie die Lebensmittelzeitung berichtete. Demnach pochten große Marken auf Preiserhöhungen mitunter im zweistelligen Prozentbereich für ihre Produkte. Der Handel wehrte sich dagegen mit Vehemenz – öffentliche Kritik an den Forderungen ihrer Lieferanten und Auslistungen inklusive.

Die kommenden Preisrunden im Naturkostfachhandel werden harmonischer ablaufen, doch auch hier stehen durch die Bank weg Erhöhungen an. Denn viele Bio-Hersteller sehen sich vor die gleichen Probleme gestellt wie ihre Pendants im LEH: „Wir sind erheblich von steigenden Rohstoffpreisen betroffen und beobachten diese Entwicklung mit Sorge“, sagt etwa Eike Mehlhop, Geschäftsführer bei der Allos Hof-Manufaktur. Insbesondere die Preise für Öle, Fette, Früchte und Süßungsmittel hätten deutlich angezogen. Auch Naturata, Ökofrost, Rapunzel und die Spielberger Mühle berichten, dass sich Getreide, Öle, Nüsse, Kakao, Obst, Hülsenfrüchte und weitre Waren deutlich verteuert hätten.

Containerpreise haben sich vervielfacht

Wie stark die Preise auf dem Weltmarkt gestiegen sind, zeigt ein Blick auf den Nahrungsmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Im Oktober stieg er im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Drittel auf 133 Punkte – der höchste Stand seit Juli 2011.

Trotz langfristiger Lieferantenbeziehungen und starken regionalen Partnerschaften trifft diese Entwicklung auch die großen Naturkosthersteller. Denn einerseits haben auch in Deutschland Unwetter und die Folgen des Klimawandels für quantitativ und qualitativ schlechte Ernten gesorgt und damit Engpässe auf dem Rohstoffmarkt verursacht. Andererseits beziehen auch sie Waren aus anderen Ländern oder Kontinenten, was die Beschaffung zusätzlich teurer macht, weil auch die Kosten für den Transport gestiegen sind.

Ein Beispiel dafür sind die explodierten Preise für Seefracht-Container, die wegen des Staus im Suezkanal im Frühjahr und den Folgen der Corona-Pandemie immer noch ungleich in den weltweiten Seehäfen verteilt sind. Vor allem Schiffsladungen aus Asien haben sich um ein Vielfaches verteuert. Rapunzel zahlt aktuell das Fünf- bis Zehnfache des früheren Container-Preises für den Transport von Reis oder Bohnen aus Asien, heißt es aus Legau.

Die Spielberger Mühle kostet der Transport von Basmatireis aus Indien ebenfalls mehr, wenngleich die Aufschläge für Container „von bis zu 40 Prozent“ dort deutlich geringer sind. Und dennoch: „Das schlägt sich in einer Erhöhung des Bezugspreises für diese Ware um 15 bis 20 Prozent nieder“, sagt Marketing-Managerin Bianca Fink. Zusätzlich machen gestiegene Energiekosten die Produktion der Hersteller teurer.

Die Rohwarenpreise schwanken nicht, sie sind dramatisch angestiegen, über verschiedene Einkaufsbereiche hinweg. Das können wir leider nicht mehr allein auffangen.

Eike Mehlhop, Geschäftsführer Allos Hof-Manufaktur

Und noch ein Kostenfaktor ist aus dem Ruder gelaufen: die Verpackung. Glas und Metall sind teurer geworden, heißt es bei Allos. Spielberger bekommt derweil die Auswirkungen einer starken Holznachfrage zu spüren. Das Unternehmen verpackt nahezu alle seine Produkte komplett in Papier statt Plastik und hat hier im Laufe des vergangenen Jahres „eine Preissteigerung von bis zu 50 Prozent“ beobachtet.

Dass die Bio-Mühle dennoch weiterhin auf nachhaltige Papier-Verpackungen setzt, ist gut fürs Klima aber ungünstig für die Kalkulation, denn der Holzpreis steigt seit Jahren. Dennoch hat es Spielberger eigenen Angaben zufolge geschafft, Preiserhöhungen weitestgehend zu vermeiden. Bislang. „Unser größtes Bestreben ist es, auch bei gestiegenen Kosten stabile Preise und Erträge für den Bio-Fachhandel zu sichern“, sagt Bianca Fink. „Angesichts der nun in breiter Front und enormer Höhe gestiegenen Gesamtkosten werden sich Preisanpassungen zum Frühjahr 2022 aber nicht vermeiden lassen.“

Mit dieser Ankündigung ist die Spielberger Mühle nicht allein. Während sich Rapunzel Ende Oktober noch unschlüssig gab, wie dort auf die steigenden Preise reagiert wird, planen andere Hersteller bereits, diese für Teile ihres Sortiments anzuheben. „Die Rohwarenpreise schwanken nicht, sie sind dramatisch angestiegen, über verschiedene Einkaufsbereiche hinweg. Das können wir leider nicht mehr allein auffangen“, sagt Eike Mehlhop. Um Erhöhungen noch in diesem Jahr werde Allos daher nicht herumkommen.

Einzelhändler in der Bredouille

Auch Naturata wird bei einigen Produkten an der Preisschraube drehen müssen, heißt es dort. „Dies wird der Endverbraucher am Regal leider wahrnehmen können“. Weitere etablierte Fachhandelsmarken, die BioHandel ebenfalls angefragt hatte, wollten sich zu dem Thema nicht äußern. Doch auch für sie dürfte es zumindest sehr schwer werden, ihre gestiegenen Kosten nicht weiterzugeben.

Um wieviel Prozent die Hersteller ihre Preise letztlich anheben werden, wollten sie nach Gesprächen mit ihren Lieferanten- und Handelspartnern entscheiden. Lediglich Ökofrost wurde konkreter: Bei den betroffenen Produkten des Tiefkühlkost-Spezialisten müssen sich die Kunden auf eine Verteuerung in einer „Spannbreite von vier bis 50 Prozent“ einstellen.

Zumindest den Einzelhandel bringt das in die Bredouille. Zwar kommen kleinere und punktuelle Preisanpassungen in unterschiedlicher Gestalt immer mal wieder vor – laut des Marktforschers bioVista sind die Preise in den Kategorien Trockenprodukte, Frische, Kosmetik und Getränke seit Anfang des Jahres bis einschließlich September im Schnitt um 1,9 Prozent gestiegen. Dennoch gingen die Umsätze im Naturkostfachhandel zuletzt weiter zurück, weil insgesamt weniger dort gekauft wurde, wie das aktuelle BioHandel-Umsatzbarometer für das dritte Quartal zeigt. Höhere Preise könnten diesen Trend verstärken.

Auch im LEH wird Bio teurer

Einer GfK-Studie zufolge sind Verbraucher besonders preissensitiv bei Produkten, die sie regelmäßig kaufen, wie Butter, Saft oder Kaffee. Bereits leichte Verteuerungen könnten hier demnach zu erheblichen Absatzrückgängen führen. Gleichzeitig zeigt der aktuelle „POS.markencheck“ des bio verlags, zu dem BioHandel gehört, dass von über 150 Bio-Fachhändlern lediglich 12,5 Prozent der Meinung sind, dass die dort abgefragten Hersteller gute Margen auf ihre Produkte bieten. 2019 waren es noch doppelt so viele.

Die kommenden Preiserhöhungen selbst zu tragen, statt sie an die Kunden weiterzureichen, dürfte für viele Läden daher keine Option sein. So gesehen werden die anstehenden Anpassungen auch im Naturkostfachhandel nicht ganz einfach werden.

Im LEH wollen im Übrigen nicht nur die konventionellen, sondern auch die Bio-Hersteller mehr Geld für Ihre Produkte. Die Bio-Zentrale, die unter anderem Edeka, Rewe und Kaufland mit Bio versorgt, sieht sich „existenziell dazu gezwungen“, sagte Marketingleiter Dennis Lange dem BioHandel. „Wir rechnen mit Preiserhöhungen zwischen fünf und 20 Prozent, je nach Artikelgruppe.“ In manchen Dingen liegen konventionelle und Bio-Hersteller dann doch nicht so weit auseinander.

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