Die am regelmäßig im BioHandel erscheinenden ContRate-Betriebsvergleich teilnehmenden Bio-Fachhändler haben 2023 ihr umsatzanteiliges Betriebsergebnis im Vergleich zum Vorjahr verbessern können. Vorläufigen Berechnungen zufolge lag es bei 6,5 Prozent. Grund für diese Entwicklung waren eine leicht verbesserte Handelsspanne und gesunkene Gesamtkosten bei im Vergleich zum Vorjahr stagnierenden Umsätzen.
Die Detailanalyse des Betriebsvergleichs zeigt bei der vorläufigen Auswertung der bisherigen Datenlieferanten, dass die zweistelligen Umsatzzuwächse aus der Corona-Pandemie-Zeit mittlerweile komplett verloren gingen: Nach einer minimalen Steigerung von 0,2 Prozent liegt das absolute Niveau der Umsätze Ende 2023 branchenweit weiterhin leicht unter dem aus 2019. Da in diesen Zahlen auch für 2023 eine Inflationsrate (von knapp fünf Prozent) steckt, wird damit deutlich, dass der Naturkostfachhandel weiterhin wesentlich weniger Ware handelt als vor der Corona-Phase.
ContRrate-Betriebsvergleich
Die Handelsspanne ist das Maß für den Anteil des Rohertrags am Umsatz, der dem Händler nach Abzug des Wareneinsatzes bleibt, um seine Handlungskosten zu decken, Darlehen zu tilgen und Gewinn zu erzielen. Die Warenbeschaffung und damit der Wareneinsatz stellen den weitaus größten Kostenblock im Lebensmittelhandel dar.
Die realisierte Handelsspanne liegt bei der vorläufigen Auswertung des Betriebsvergleichs 2023 bei 35,9 Prozent um fast einen Punkt über dem Wert vom Vorjahr. Angesichts der durchgängigen Preissteigerungen und des heftiger werdenden Wettbewerbs der Vertriebsschienen in LEH und Discount steckt dahinter eine starke unternehmerische Leistung der Kaufleute im Naturkostfachhandel.
Rohertrag der am Betriebsvergleich teilnehmenden Läden in Tausend Euro
Das ist umso erfreulicher angesichts der Veränderungen im Kaufverhalten bei vielen Kundinnen und Kunden, die auch im Naturkostfachhandel immer stärker zu Handelsmarken, den Sortimentslinien im unteren Preisbereich und Aktionsartikeln greifen, und all diese Produkte sind erfahrungsgemäß eher unterdurchschnittlich kalkuliert.
Bereits 2021 trafen rückläufige Umsätze auf das in der Coronaphase infolge Bonuszahlungen und Gehaltssteigerungen deutlich erhöhte Personalkostenniveau. In 2022 (mit einer drastischen Mindestlohnsteigerung und einer durchschnittlichen Inflation von acht Prozent) sahen sich viele Biohändlerinnen und -händler zu weiteren Lohnerhöhungen genötigt, und die Personalkostenquote stieg auf 19,5 Prozent.
Personalkosten der am Betriebsvergleich teilnehmenden Läden in Tausend Euro
In 2023 konnten die Unternehmerinnen und Unternehmer gegensteuern, indem sie durch Veränderungen in Ablauf und Organisation Personalstunden einsparten mit der Folge, dass durch rückläufige Personalkosten deren Anteil auf 18,1 Prozent gesenkt werden konnte; zugleich stieg die durchschnittliche Personalleistung um 10.000 Euro.
Der Anteil der Gesamtkosten am Umsatz ist bei der vorläufigen Auswertung leicht gesunken auf unter 30 Prozent (2022: 31,7 Prozent). Bemerkenswert sind neben den geringeren Personalkosten die Steigerungen bei den Ausgaben für Miete und Verbrauchskosten. Der Raumkostenanteil liegt damit bei etwa fünf Prozent.
Gesamtkosten der am Betriebsvergleich teilnehmenden Läden in Tausend Euro
Im Vorjahr hatten die Bioläden und Biomärkte mit 3,5 Prozent das seit vielen Jahren schlechteste prozentuale Betriebsergebnis erzielt. Die beschriebenen Entwicklungen von Umsatz, Spanne und Kosten in 2023 haben zur Folge, dass die bisher ausgewerteten Teilnehmer am Betriebsvergleich im Durchschnitt ein wieder erheblich besseres Ergebnis erzielen: Das realisierte Betriebsergebnis liegt bei 6,5 Prozent. Der Cashflow steigt von 4,8 auf 7,8 Prozent.
Cashflow der am Betriebsvergleich teilnehmenden Läden in Tausend Euro
Neue Impulse und Konzepte erforderlich
Die Entwicklungen im Bio-Fachhandel mit ihren wirtschaftlichen Folgen bedingen grundlegende Veränderungen: Wir befinden uns in einer (für den Naturkostfachhandel schmerzhaften) Phase der Marktbereinigung. Deshalb kommt hier abermals der Appell an die Biohändlerinnen und -händler zur Bereitschaft für grundlegende Veränderungen in ihrem Tun, ihrem Auftritt und in ihren Geschäften: Um ihre Existenzberechtigung im Lebensmittelmarkt nicht zu verlieren, werden die inhabergeführten Bioläden und Biomärkte neben einem 100-prozentigen Biolebensmittel-Sortiment weitere Angebote entwickeln und praktizieren müssen, um damit eine Alleinstellung an ihrem Standort zu erreichen.
Diese Lösungen werden nur dann erfolgreich sein können, wenn sie individuell und persönlich sind. Sie sollten mit hoher händlerischer Professionalität entwickelt, für den jeweiligen Standort angepasst und „maßgeschneidert“ sein. Individuell werden sie, indem die Ladnerinnen und Ladner dabei Elemente einbeziehen wie die spezielle Historie, die lokale beziehungsweise regionale Kundenklientel oder die persönlichen Kompetenzen der im Laden Tätigen.
Der Naturkostfachhandel hat auf diesem Weg eine echte Chance auf eine erfolgreiche Phase in nächster Zeit, sofern die Unternehmerinnen und Unternehmer bereit sind, ihren Betrieb ein Stückweit neu zu erfinden. Entsprechende Weiterbildung, Beratung und stärkere Vernetzung in der Bio-Branche können dabei unterstützen. Klaus Braun
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