Bio-Unternehmen haben ein eher gespaltenes Verhältnis zur Marktkommunikation. Streng betrachtet ist Werbung eher Schmuddelkram. Deshalb war, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, beim „BAM-Bock auf Morgen-Festival“ in Berlin die Bio-Wirtschaft kaum vertreten. Schade, wie sich herausstellen sollte.
Die Arbeit mit und an Bio ist gerade begrenzt spaßig. Im Gegenteil braucht es viel Fantasie, um zu sehen, wo und wie es weitergehen kann. Daraus erwächst psychologischer und wirtschaftlicher Druck, wie ihn die wachstumsverwöhnten Bio-Unternehmen nicht kennen. Krisenfestigkeit ist nichts, was sich die Unternehmen im Laufe der langen Wachstumsperiode draufgeschafft haben. Die Folge ist: weitgehend keine.
Selbstkritisch und trotzdem mutig und kraftvoll
Dabei gibt es, lenkt man den Blick zum Beispiel zum „BAM-Festival“, an anderer Stelle Beispiele, wie Krisen-Reaktion auch aussehen kann, wenn sie selbstkritisch und trotzdem mutig und kraftvoll ist. So hat sich unter der Überschrift „Bock auf Morgen“ die Werbewirtschaft, oder besser gesagt, der Teil, der lustvoll an der Bewerbung von Zukunftstauglichem arbeiten will, in engagierter Runde für zwei intensive Tage in Berlin versammelt.
Man hatte sich kritisch hinterfragt, auseinandergesetzt, sich Impulse geholt, mit der Wissenschaft, der Politik, der Gesellschaft Kontakt aufgenommen und zum einen gefeiert, was es an mutigen Beispielen guter Nachhaltigkeitskommunikation schon gibt. Zum anderen hat man sich mit der Frage beschäftigt, wie es weitergehen, wie es besser gehen kann. Wie wird Werbung zu einem massiven Teil der Lösung?
Spannende Spielwiese
Da fragt sich die Branche mutig, was anders werden soll. Und ja, weder „anders Wirtschaften“ noch der Weg dahin sind schon ausdefiniert. Das erleben auch die Marketing-Menschen bei ihrem Treffen an der Spree. Sie lassen sich davon aber spürbar nicht entmutigen, sondern nehmen den Gestaltungsraum als spannende Spielwiese an. Es gibt einen durchaus lebendigen Dissens zu der Frage, wie das eigene Tun den Unterschied zum Besseren machen kann, wie Kundenkommunikation zukünftig aussehen wird. Aber es ist eine Freude, schlauen Menschen anderer Gewerke bei der Orientierungsarbeit zuzuschauen. Das macht Mut und stiftet an.
Auf die Frage, ob man auf dem Weg der Transformation auch mit der dunklen Seite der Macht zusammenarbeiten muss, sind die Teilnehmenden einhellig. Unbedingt! Man kann und darf sich die Kraft zutrauen auch mit Strukturen, mit denen man fremdelt, ins Sparring zu gehen. Alle, die sich glaubwürdig auf den Weg machen, sind potenzielle Partnerinnen und Partner.
Greenwashing muss dabei beendet, muss verhindert werden. Aber das geht nicht durch Kontaktvermeidung, sondern durch radikale Ehrlichkeit in der Zusammenarbeit, das geht durch schlaue Mechanismen, die man auf der Ebene der Zusammenarbeit miteinander vereinbart. Es geht auf jeden Fall nicht in der Wagenburg der Abgrenzung. Und es geht nicht mit der Naivität, mit der die Bio-Anbauverbände sich in der Zusammenarbeit mit dem diskontierenden Teil der Lebensmittelwirtschaft zum Ausverkauf der eigenen Werte und Qualitätsideen entschieden haben.
Mutig ins Gespräch
Dem „Bock auf Morgen-Festival“ ist vor allem eines gelungen: Ein ernsthafter, selbstkritischer, offener Dialog der Werbebranche mit ihren Stakeholdern aus der Gesellschaft. Davon könnte Bio lernen: Raus aus dem Selbstgespräch und mutig und offen ins Gespräch mit der Welt da draußen. Mit allen, die Lust haben, eine positive Zukunft zu gestalten.
Also ran an die schmuddelige Nachhaltigkeitsverwandschaft aus der Werbebranche. Gute Narrative sind dringend gefragt. Und wer kann Narrative besser als Werberinnen und Werber? Transformatoren aller Gewerke vereinigt Euch!
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