Biohandel

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Gastkommentar

Auf zur dunklen Seite der Macht

Beim Berliner „Bock auf Morgen-Festi­val“ geht es um einen ernsthaften, selbst­kritischen und offenen Dialog der Werbebranche mit ihren Stakeholdern aus der Ge­sellschaft. Davon könnte Bio lernen, findet Manuel Pick.

Bio-Unternehmen ha­ben ein eher gespal­tenes Verhältnis zur Marktkommunikation. Streng betrachtet ist Werbung eher Schmuddelkram. Deshalb war, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, beim „BAM-Bock auf Morgen-Festival“ in Berlin die Bio-Wirtschaft kaum ver­treten. Schade, wie sich her­ausstellen sollte.

Die Arbeit mit und an Bio ist gerade begrenzt spaßig. Im Gegenteil braucht es viel Fan­tasie, um zu sehen, wo und wie es weitergehen kann. Dar­aus erwächst psychologischer und wirtschaftlicher Druck, wie ihn die wachstumsver­wöhnten Bio-Unternehmen nicht kennen. Krisenfestig­keit ist nichts, was sich die Unternehmen im Laufe der langen Wachstumsperiode draufgeschafft haben. Die Fol­ge ist: weitgehend keine.

Selbstkritisch und trotzdem mutig und kraftvoll

Dabei gibt es, lenkt man den Blick zum Beispiel zum „BAM-Festival“, an anderer Stelle Beispiele, wie Krisen-Reak­tion auch aussehen kann, wenn sie selbstkritisch und trotzdem mutig und kraftvoll ist. So hat sich unter der Über­schrift „Bock auf Morgen“ die Werbewirtschaft, oder besser gesagt, der Teil, der lustvoll an der Bewerbung von Zu­kunftstauglichem arbeiten will, in engagierter Runde für zwei intensive Tage in Berlin versammelt.

Manuel Pick ist selbstständiger Berater mit einer langjährigen Führungsverantwortung in Bio-Food-Unternehmen.

Man hatte sich kritisch hinterfragt, ausein­andergesetzt, sich Impulse geholt, mit der Wissenschaft, der Politik, der Gesellschaft Kontakt aufgenommen und zum einen gefeiert, was es an mutigen Beispielen guter Nachhaltigkeitskommunika­tion schon gibt. Zum anderen hat man sich mit der Frage be­schäftigt, wie es weitergehen, wie es besser gehen kann. Wie wird Werbung zu einem mas­siven Teil der Lösung?

Spannende Spielwiese

Da fragt sich die Branche mu­tig, was anders werden soll. Und ja, weder „anders Wirt­schaften“ noch der Weg dahin sind schon ausdefiniert. Das erleben auch die Marketing-Menschen bei ihrem Treffen an der Spree. Sie lassen sich davon aber spürbar nicht ent­mutigen, sondern nehmen den Gestaltungsraum als spannende Spielwiese an. Es gibt einen durchaus lebendi­gen Dissens zu der Frage, wie das eigene Tun den Unter­schied zum Besseren machen kann, wie Kundenkommu­nikation zukünftig aussehen wird. Aber es ist eine Freude, schlauen Menschen anderer Gewerke bei der Orientie­rungsarbeit zuzuschauen. Das macht Mut und stiftet an.

Auf die Frage, ob man auf dem Weg der Transformation auch mit der dunklen Seite der Macht zusammenarbeiten muss, sind die Teilnehmen­den einhellig. Unbedingt! Man kann und darf sich die Kraft zutrauen auch mit Strukturen, mit denen man fremdelt, ins Sparring zu ge­hen. Alle, die sich glaubwür­dig auf den Weg machen, sind potenzielle Partnerinnen und Partner.

Greenwashing muss dabei beendet, muss verhindert werden. Aber das geht nicht durch Kontaktvermeidung, sondern durch radikale Ehr­lichkeit in der Zusammen­arbeit, das geht durch schlaue Mechanismen, die man auf der Ebene der Zusammen­arbeit miteinander vereinbart. Es geht auf jeden Fall nicht in der Wagenburg der Ab­grenzung. Und es geht nicht mit der Naivität, mit der die Bio-Anbauverbände sich in der Zusammenarbeit mit dem diskontierenden Teil der Lebensmittelwirtschaft zum Ausverkauf der eigenen Werte und Qualitätsideen entschie­den haben.

Mutig ins Gespräch

Dem „Bock auf Morgen-Festi­val“ ist vor allem eines gelun­gen: Ein ernsthafter, selbst­kritischer, offener Dialog der Werbebranche mit ihren Stakeholdern aus der Ge­sellschaft. Davon könnte Bio lernen: Raus aus dem Selbst­gespräch und mutig und offen ins Gespräch mit der Welt da draußen. Mit allen, die Lust haben, eine positive Zukunft zu gestalten.

Also ran an die schmud­delige Nachhaltigkeitsver­wandschaft aus der Werbe­branche. Gute Narrative sind dringend gefragt. Und wer kann Narrative besser als Werberinnen und Werber? Transformatoren aller Ge­werke vereinigt Euch!

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