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Wertschöpfungsketten

AöL warnt vor Aufweichung der Sorgfaltspflicht

Mit der Omnibus-Verordnung will die EU-Kommission Nachhaltigkeitsvorgaben vereinfachen und Unternehmen entlasten. Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller warnt vor einem Rückschritt bei Transparenz und Sorgfalt entlang der Wertschöpfungskette.

Was auf den ersten Blick nach bürokratischer Entlastung klingt, birgt auf den zweiten Blick erhebliche Risiken, warnt jetzt die Assoziation ökologischer Lebensmittelherstellerinnen und -Hersteller (AöL). Worum geht es? Am 26. Februar 2025 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Omnibus-Verordnung („Omnibus I und II“) vorgelegt. Damit will die Kommission wichtige Vorschriften, die der Green Deal mit sich bringt, vereinfachen. 

Der Europäische Green Deal ist ein Konzept der EU, das 2019 vorgestellt wurde. Es bündelt politische Maßnahmen, die den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 ermöglichen sollen. Ziel ist es, dass die 27 EU-Mitgliedstaaten bis 2050 klimaneutral werden. Als erster Schritt sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Wirtschaft und Gesellschaft in vielen Bereichen neu ausgerichtet werden. 

Geplante Änderungen gefährden Transparenz

Mit der Omnibus-Verordnung sollen Berichtspflichten aus verschiedenen EU-Regelwerken gebündelt werden, um den bürokratischen Aufwand für kleine und mittlere Unternehmen zu senken. Die Verordnung sieht auch Veränderungen in Richtlinien vor, die den Green Deal betreffen. 

Das sind: 

  • die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) 

  • die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) 

  • die Taxonomie-Verordnung 

  • die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) 

     

Bei der CSRD soll laut der Omnibus-Verordnung der Anwendungsbereich eingeschränkt werden. Berichtspflichtig wären demnach nur noch Unternehmen, die mehr als 1.000 Beschäftigte haben und über 450 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. Bislang betrifft die CSR-Berichtspflicht auch Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Das Anheben des Schwellenwertes würde somit große Teile der Wertschöpfungskette aus der Berichtspflicht ausschließen. „Das schadet nicht nur der Transparenz, sondern auch jenen Unternehmen, die bereits heute mit großem Engagement in nachhaltige Transformationsprozesse investiert haben“, kritisiert die AöL. 

Unternehmen, die unter die CSRD fallen, müssen zusätzlich offenlegen, ob ihre wirtschaftlichen Aktivitäten gemäß EU-Taxonomie als ökologisch nachhaltig gelten. Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das Kriterien für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten innerhalb der EU festlegt. Die AöL sieht darin ein wichtiges Instrument, um den Wandel hin zu einer klimaneutralen, ressourcenschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft voranzubringen.  

Wenn durch die Anhebung der Schwellenwerte jedoch viele Unternehmen durchs Berichtsraster fallen, würde sich die Datenlage entlang der Wertschöpfungskette deutlich verschlechtern, befürchtet der Verband. Auch die in der Verordnung vorgesehene Lenkung von Kapital in nachhaltige Investitionen – als Beitrag zu einem integrativen, zukunftsfähigen Wachstum – würde dadurch erheblich geschwächt, befürchtet die AöL.

Sorgfaltspflichten müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelten

Der Verband fordert zudem, den Anwendungsbereich der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) an den aktuell geltenden Anwendungsbereich der CSRD anzugleichen. Die Omnibus-Verordnung zur CSDDD sieht vor, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette nur noch gegenüber direkten Geschäftspartnern wahrnehmen müssen. Das lehnt die AöL in einer Stellungnahme ab – beziehungsweise stimmt dem nur zu, wenn gleichzeitig der Anwendungsbereich der CSDDD an den der CSRD angepasst wird.

Alternativ zur Anpassung des Anwendungsbereichs schlägt die AöL vor, Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden zu verpflichten, Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette ihrer Produkte zu übernehmen.

Grundsätzlich bewertet die AöL eine Verordnung zur Entbürokratisierung und Harmonisierung als „richtigen Schritt“. Beim vorliegenden Entwurf der Omnibus-Verordnung werde jedoch mit Blick auf die Ziele, die die EU mit dem Green Deal verfolgt, „an entscheidender Stelle die Handbremse gezogen“, sagt Pia Kissinger, Nachhaltigkeitsexpertin bei der AöL.  

Zusätzlich sieht der Verband die Gefahr, dass mit den aktuellen Änderungsvorschlägen Rechtsunsicherheit geschaffen wird – insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die sich bislang klar auf EU-weite Standards verlassen konnten. „Für eine resiliente, nachhaltige Wirtschaft brauchen Unternehmen Transparenz, Orientierung und rechtliche Verlässlichkeit“, teilt Matthias Beuger, Geschäftsleitung für nationale Beziehungen bei der AöL, mit.

Kissinger und Beuger haben ein Positionspapier verfasst, in dem die AöL alle ihre Kritikpunkte an der Omnibus-Verordnung formuliert und konkrete Empfehlungen ausspricht.

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