Im Juni soll die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vorstellen, der unter anderem über die Einordnung der neuen genomischen Techniken (NGT) entscheidet.
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) hat auf seiner diesjährigen Mitgliederversammlung Ende Mai eine Resolution verabschiedet und damit erneut sein Engagement gegen eine Aufweichung des Gentechnikrechts zum Ausdruck gebracht. Unter dem Titel „Natürliche Vielfalt statt genetischer Einfalt – Keine Gentechnik in unseren Lebensmitteln“ spricht sich der BNN deutlich gegen die von der EU-Kommission geplante Lockerung des europäischen Gentechnikrechts aus.
Hintergrund der Resolution ist die Befürchtung des Verbandes, dass die Aufweichung der regulatorischen Vorgaben zu neuen gentechnischen Verfahren wie CRISPR/CAS dazu führen könnte, dass bestimmte gentechnisch veränderte Pflanzen künftig nicht mehr unter das strenge europäische Gentechnikrecht fallen. Diese Entwicklung würde laut BNN eine unabhängige Risikobewertung der neuen Verfahren verhindern und dazu führen, dass durch CRISPR/CAS veränderte Pflanzen und daraus hergestellte Produkte nicht mehr als Gentechnik gekennzeichnet werden müssten. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die Erzeugung und den Handel von Bio-Lebensmitteln, da die Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln gefährdet wäre.
„Der BNN setzt sich seit jeher
für den Schutz der natürlichen Vielfalt und den Verzicht auf Gentechnik in der
Lebensmittelproduktion ein. Wir stehen für Transparenz und die Wahlfreiheit der
Verbraucher und Verbraucherinnen, die genau wissen möchten, was sie auf ihren Tellern haben“,
betont BNN-Geschäftsführerin Kathrin Jäckel. „Mit der Verabschiedung der
Resolution senden wir ein starkes Signal an die EU-Kommission, dass wir eine
Lockerung des bestehenden Gentechnikrechts strikt ablehnen und den Schutz
unserer Lebensmittel und unserer Umwelt weiterhin gewährleistet sehen wollen.“
AöL fordert Kennzeichnungspflicht
Die Verarbeiterinnen und Verarbeiter der Asooziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) plädieren in diesem Zusammenhang für eine Kennzeichnung der neuen genomischen Techniken und für die Einhaltung des Verursacherprinzips. Das machten sie bei einem Gespräch mit Abgeordneten des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft der Bundesregierung deutlich. „Die Öko-Lebensmittelwirtschaft ist
nachweislich das innovativste Konzept für eine zukunftsfähige
Ernährungswirtschaft, wie Studien (unter anderem Thünen-Institut 2023)
belegen. Sie adressiert wesentliche wirtschaftliche Entwicklung unter
Einhaltung der Sustainable Developement Goals der Vereinten Nationen“,
wird Arlend Huober von Huober Brezel in der AöL-Pressemitteilung zur Veranstaltung zitiert.
„Lebensmittel ohne Gentechnik und Bio-Lebensmittel genießen vor allem deswegen ein hohes Ansehen, da sie ohne gentechnisch veränderte Organismen und NGTs hergestellt werden“, betont Irmgard Freidler von Alb-Gold. „Im Falle einer aufgeweichten Zulassungspraxis gepaart mit fehlender Transparenz über die Anwendung der NGT in der Warenkette, würden Nachweispflichten und Haftung bei den Inverkehrbringern dieser Lebensmittel liegen“, sagt AöL-Vorstand Jürgen Hansen. Seraphine Wilhelm von Rapunzel appelliert für den Ökolandbau als alternative Wirtschaftsform für einen gesunden Boden, resiliente Pflanzen und als wirksamen Hebel gegen den Hunger auf der Welt. Sie seien erprobt und nachgewiesenermaßen eine echte Alternative, sagt Wilhelm, deren Unternehmen mit Partnerinnen und Partnern in Drittländern arbeitet.
„Um die Entscheidungsfreiheit und das Vertrauen der Menschen tatsächlich zu sichern, ist es für uns zentral, dass neue genomische Techniken auch als Gentechnik gekennzeichnet werden“, betont auch Judith-Faller Moog, Geschäftsführerin der Bio Planète-Ölmühle Moog. Wer diese Techniken einsetzen möchte, könne dies tun, sollte sie jedoch kennzeichnen und dafür Sorge tragen, dass keine Verunreinigungen mit Lebensmitteln ohne Gentechnik stattfinden, sagt Moog. Auch steigende Abhängigkeit von einzelnen Konzernen, die die Patente in der Hand halten, sei ein großes, ungelöstes Problem, betont der Verband. Generell bewege man sich rund um neue Gentechnik noch viel zu viel in Spekulationen, als dass eine Beurteilung außerhalb des Gentechnikrechts zum jetzigen Zeitpunkt angemessen wäre, unterstreicht Björn Wiese von der Privatbäckerei Wiese.
Schirmherrin des Rundes Tisches war die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Hagl-Kehl, die für die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbrauchern plädierte und einer damit verbundenen Kennzeichnung über den Einsatz von Gentechnik.
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