Die EU-Kommission arbeitet an einer Richtlinie für die Messung des ökologischen Fußabdrucks von Handelsware. Dieser sogenannte „Product Environmental Footprint“ (PEF) könnte der Rahmen für eine neue EU-weite Kennzeichnungspolitik werden, die auch Lebensmittel betrifft. Die EU-Kommission möchte so Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, sich besser für nachhaltige Lebensmittel entscheiden zu können und Greenwashing bei Nachhaltigkeitskennzeichnungen verhindern.
Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AÖL) hält den PEF für den falschen Ansatz bei diesem Vorhaben. „Umweltleistungen sind sehr komplex und daher nur unzureichend, oder auf bestimmte Kernaussagen fokussiert, in Labels darstellbar“, teilte der Verband am Montag mit. Die AÖL kritisiert, dass sowohl der PEF als auch weitere Labels wie der Planet-Score und der Eco-Score auf der Lebenszyklusanalyse eines Produkts sowie auf effizienzgetriebenen Kriterien basierten.
Die AÖL fordert stattdessen, neben einer umfassenden Nachhaltigkeitskommunikation, die Weiterentwicklung der Bio-Verordnung auf verbandlicher und unternehmerischer Ebene. „In der verbraucherseitigen Kommunikation spielt heute der Begriff ,Bio‘ als Synonym für umweltgerechte, nachhaltige Produkte eine zentrale Rolle. Der dort etablierte Systemansatz gibt die richtige Vorgehensweise vor“, heißt es in einem Positionspapier des Verbands. „Eine Fortentwicklung der Bio-Verordnung durch Implementierung von Nachhaltigkeitsfaktoren über die Kette erscheint daher zielführend und wird dem heute schon bestehenden Anspruch der Verbrauchenden gerecht.“
Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) in Deutschland und dem Ökoinstitut arbeitet die AÖL aktuell an einer Studie zum PEF. Anhand der drei Bio-Produktgruppen Milch, Fleisch und Pasta soll ermittelt werden, zu welchen Resultaten eine PEF-Analyse führt.
„Unsere Forschungen auf Bio-Höfen in Zusammenarbeit mit Bio-Verarbeitungsunternehmen haben gezeigt, dass es sehr lange dauern würde, ausreichende Datenerhebungen für die Berechnung des PEF zu erhalten. Daher müssen Unternehmen auf generische Daten zurückgreifen, die aber beispielsweise keine Regionalität mit einbeziehen“, so Studienleiter Axel Wirz vom FIBL Deutschland. Auch der wesentliche Prozessansatz von Bio, der das Wirtschaften im Kreislauf umfasst, wird in einem möglichen PEF nicht abgebildet. Daher würde er – zumindest in seiner jetzigen Form – unseren Bio-Ansatz konterkarieren“, so Wirz weiter.
Beim PEF handelt es sich um eine Lebenszyklusanalyse (LCA), die die potenziellen Umweltwirkungen und die Energiebilanz von Produkten während des gesamten Lebensweges betrachtet. Auch der Bundesverband Naturkost und Naturwaren (BNN) kritisiert diese Methodik, weil sie insbesondere auf der Ebene der Agrar- und Lebensmittelsysteme die Öko-Bilanz nicht vollumfänglich abbilde.
Der BNN befürwortet deshalb den Planet-Score, weil dieser im Gegensatz zum Eco-Score die Lebenszyklusanalyse des PEF korrigiere und fehlende Indikatoren ergänze. Diese erweiterte Analyse könne dem Verband zufolge die Umweltauswirkungen aussagekräftiger und vollständiger abbilden.
Zwar sieht die AÖL im Ausbau der EU-Verordnung das geeignete Mittel für einen umfassenden Ausweis von Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln. Gleichzeitig hält sie den Einsatz des BNN für den Planet-Score für eine gute Möglichkeit zur Profilierung für den Naturkostfachhandel. Die Fachhandelsmarken Bio Planète und Bohlsener Mühle setzen ihn bereits ein.
Inwieweit der PEF als tatsächliches Siegel verpflichtend eingeführt wird, darüber herrscht im Moment noch Uneinigkeit. Ursprünglich wollte die EU-Kommission Ende November einen ersten Richtlinien-Entwurf vorlegen. Der wurde nun auf nächstes Jahr verschoben.
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