Großes Auskehren bei Alnatura. Der Darmstädter Biohändler beendet überraschend sein Partnermarktmodell im ersten Halbjahr 2025. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Zusätzlich dazu stellt Alnatura seinen Liefer- und Abholdienst zum 30. September 2024 ein.
Künftig will sich Alnatura wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Dazu gehören die Markenprodukte, die Super Natur Märkte und die Handelspartner. „In einem dichten Wettbewerbsumfeld ist es wesentlich, dass wir das Alnatura Markenprofil weiter stärken. Das verlangt unsere ganze Aufmerksamkeit und die Bündelung aller Aktivitäten“, begründet Alnatura-Gründer und -Geschäftsführer Götz Rehn die Neuausrichtung.
Die Einstellung des Partnermarktmodells kommt abrupt – zumindest für die beteiligten Bioläden. Nach BioHandel-Recherchen sind die Partnerläden erst vor wenigen Wochen über das Ende der Kooperation informiert worden. Am Montag hatte Götz Rehn zu einem Gespräch eingeladen. Selbst für den Alnatura-Außendienst, der aktuell die betroffenen Läden besucht, um das weitere Vorgehen zu besprechen, sei das Aus überraschend gekommen, heißt es aus informierten Kreisen.
„Für uns entsteht eine schmerzhafte Lücke.“
Das Partnermarktkonzept hatte Alnatura 2021 gestartet. Selbstständige Bio-Einzelhändler konnten sich von Alnatura mit Produkten beliefern lassen, die das Biohandelshaus auch in seinen Super Natur Märkten führt. Ende 2023 zählte Alnatura rund 20 Partner mit insgesamt 27 Biomärkten.
Während es Läden gab, bei denen der Verkauf der Produkte eher schleppend lief, verzeichneten andere gute Geschäfte mit der Alnatura-Ware. „Für uns entsteht eine schmerzhafte Lücke“, sagt ein Partner, der das „dynamische Sortiment“ von Alnatura hervorhebt, das stets die neusten Trends bedient habe. Dem Vernehmen nach wollte eine Vielzahl weiterer Naturkostläden Partner von Alnatura werden.
Das Ende des Partnermarktmodells dürfte auch das Aus für ein anderes Alnatura-Konzept bedeuten: 2021 eröffnete der erste – und bislang einzige – in Eigenregie geführte Super Natur Markt in Schwerin. Den Markt von Inhaber Ulli Löhle bezeichnete Alnatura seinerzeit als „Pilotmarkt für ein Kaufmannsmodell, mit dem Alnatura zunächst in Mecklenburg-Vorpommern startet“.
Weil Löhle einen langfristigen Vertrag mit Alnatura hat, bleibt sein Super Natur Markt auch weiterhin bestehen. Doch seine Pläne, sagt er dem BioHandel, könne er nach der Alnatura-Entscheidung nicht mehr umsetzen: Löhle war als Entwickler von Bio im Land Mecklenburg-Vorpommern angetreten und wollte perspektivisch weitere eigengeführte Alnatura-Märkte eröffnen. Er bedauere, dass daraus nun nichts werden könne, so der Unternehmer.
Schwierigkeiten beim Lieferdienst
Noch weniger Zeit als seinem Partnermarktmodell gab Alnatura seinem Liefer- und Abholdienst. Den startete das Unternehmen im Juni 2022. Liefergebiete waren in Berlin, Frankfurt und Potsdam. Dort konnten Kundinnen und Kunden von Alnatura online aus dem Sortiment der dortigen Super Natur Märkte bestellen und sich den Einkauf zustellen lassen oder vor Ort abholen.
Geliefert wurden die Bestellungen von Marktmitarbeitern in eigens dafür angeschafften E-Fahrzeugen. Die machten Medienberichten zufolge aber technische Probleme. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ räumte Götz Rehn zudem ein, die „letzte Meile unterschätzt“ zu haben. Die E-Autos seien teuer und die Wege zur verstreut wohnenden Kundschaft lang. Man wolle das Alnatura-Lieferdienst-Konzept prüfen.
Nun ist die Entscheidung gefallen: Am 30. September zieht Alnatura seinem Online-Shop erneut den Stecker. Es ist das zweite Mal, dass das Unternehmen daran scheitert, sich im Bereich E-Commerce-Business zu etablieren. 2020 nahm der Händler schon einmal seinen Onlineshop vom Netz.
Fokus auf Super Natur Märkte und IT
Durch den Wegfall der Partnermärkte und des Lieferdienstes verschafft sich Alnatura wieder mehr Kapazitäten für das Kerngeschäft. Das Unternehmen kündigte an, seine Marketing- und Vertriebsstrategie neu auszurichten. Die Markenprodukte sollen künftig noch kundenzentrierter gestaltet werden. Zudem werde Alnatura die Super Natur Märkte in ihrem Auftritt weiterentwickeln.
Alnatura kündigte außerdem an, in den kommenden Jahren vor allem in den Aufbau eigener IT-Infrastrukturen investieren zu wollen. Dies beinhalte unter anderem den Aufbau technologischer Grundlagen für einen Omni-Channel-Ansatz.
Kommentare
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"Dies beinhalte unter anderem den Aufbau technologischer Grundlagen für einen Omni-Channel-Ansatz. "
Das klingt doch eher kryptisch. Omni-Channel wirft man ja gerade über Bord. Und in die IT zu investieren ist an sich noch keine Strategie, oder übersehe ich da etwas? Es scheint eine gewisse Ratlosigkeit zu herrschen in Darmstadt was die Zukunft anbelangt. Zumal der LEH und die Handelspartner Alnatura perspektivisch immer weniger brauchen werden: Die investieren doch lieber in die Entwicklung der eigenen Bio-Eigenmarken - und bedienen sich bei Alnatura nur zur Ergänzung und um zu testen, was funktioniert.