Das Bio-Handelshaus Alnatura hat im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Umsatz gesteigert – nach einem Plus von 2,3 Prozent im Vorjahr waren es dieses Mal 3,9 Prozent. Der erwirtschaftete Netto-Umsatz liegt nach Unternehmensangaben bei 1,149 Milliarden. Das Geschäftsjahr endet bei Alnatura traditionell Ende September.
Wenn der Umsatz steige während der Absatz wie im Vorjahr sinke, könne das auf Dauer eine schwierige Entwicklung sein – in den letzten Monaten aber habe sich das Verhältnis zugunsten des Absatzes gedreht, sagte Co-Geschäftsführerin Petra Schäfer bei der Vorstellung der Zahlen am Donnerstag. Ihre Prognose für das kommende Jahr: Alnatura wird erfolgreich bleiben.
Obgleich das Unternehmen keine Informationen über seinen Gewinn veröffentlicht, sagte Alnatura-Gründer und -Geschäftsführer Götz Rehn, dass er „ganz deutlich gestiegen“ sei. Als Anerkennung für ihre Leistung bekommen die 3.500 Mitarbeitenden eine „Wertschöpfungsbeteiligung“ in Höhe von 500 Euro.
Damit ist Alnatura im 40. Jahr seines Bestehens weiter gewachsen. Zu verdanken sei dieses Ergebnis der „hybriden“ Ausrichtung des Unternehmens, erklärte Schäfer. Alnatura-Produkte werden sowohl in den eigenen Filialen als auch im Lebensmitteleinzelhandel und in Drogeriemärkten vertrieben. Im Interview mit BioHandel verwies Götz Rehn auf eine Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen, wonach sich die Kundschaft noch mehr Alnatura-Produkte wünsche. Laut Petra Schäfer gelte es nun, dieses Potenzial zu heben.
Um das tun zu können und gleichzeitig mit den eigenen Filialen und Produkten am Markt wettbewerbsfähig zu sein, darauf richte Alnatura nun die ganze Aufmerksamkeit. Laut Schäfer investiert das Unternehmen vor allem in IT-Infrastruktur. Hier wolle man den Status des Omni-Channel-Unternehmens erreichen, in dem Ware im Laden und auch über Online-Kanäle verfügbar sind, sagte Rehn. „Wir sind sehr gefordert“, betonte er. „Bisher können wir nur Multi-Channel, also die Bereiche nur nebeneinander bedienen.“
Ein Vertriebsweg entfiel außerdem im Jahr 2024: Vom Liefer- und Abholdienst in den Städten Frankfurt und Berlin hat Alnatura sich verabschiedet. Partner bei diesem Testprojekt war das Unternehmen Farmy, der die E-Commerce-Lösung zur Verfügung stellte. Die Erfahrungen aus diesem Testlauf seien wertvoll, das Angebot selbst sei nicht rentabel gewesen, berichtet Rehn.
Eine Rückkehr zum Online-Verkauf schließen Rehn und Schäfer nicht aus. Zumindest die technische Voraussetzung dafür werde im Zuge der „digitalen Transformation“ geschaffen. Innovationen zu finden und festzustellen, wohin sich Warengruppen verschieben – das sei die größte Herausforderung für Alnatura, sagt Petra Schäfer.
„Erfolgreicher als wir es uns gewünscht hätten“ war Alnatura laut Rehn mit seinen „Prima! Alnatura“-Produkten im Preiseinstiegsbereich. Dass es ein Angebot für die „budgetlimitierte Kundschaft“ brauche, habe Rehn am Eröffnungstag des allerersten Marktes in der Universitätsstadt Mannheim verstanden. Er erinnerte sich, wie Studierende ihm sagten, sie könnten sich den Einkauf nicht leisten. Zwei Tage später habe Alnatura die bekannten Sparpreise eingeführt: Produkte aus jeder Warengruppe, die günstiger waren als andere.
Dieses Angebot habe zuletzt aber nicht mehr funktioniert, so Rehn. „Die Kunden haben sich an den Handelsmarken-Look von Edeka und Rewe gewöhnt“, sagte er. Sein Fazit nach dem ersten Jahr Prima Alnatura lautet: „Es war die richtige strategische Entscheidung. Wir sind sehr froh, dass wir neue Kunden gefunden haben.“
22 Produkte wurden 2023 eingeführt, Ende diesen Jahres sind es rund 50. Insgesamt 80 Produkte sollen es laut Rehn werden. Durch sie habe Alnatura neue Kundschaft gewonnen. Die erwartete Kannibalisierung, also eine ladeninterne Abwanderung der Stammkäuferschaft hin zu den günstigeren Produkten, habe quasi nicht stattgefunden. Der Erfolg und die große Nachfrage nach der Marke sei „Fluch und Segen zugleich“, sagte Schäfer. Denn die Beschaffung größerer Bestände sei ad hoc nicht möglich, für 2025 aber geplant.
Rückblick auf die Anfänge
Das 40-jährige Bestehen von Alnatura, den das Bio-Handelshaus mit vielen Events feierte, nahm Götz Rehn auf der Jahres-Pressekonferenz zum Anlass, sich auch an die Anfänge seines Unternehmens zurückzuerinnern. Als er 1962 als Kind vom idyllischen Freiburg ins raue Ruhrgebiet kam.
Auf seinem Schulweg wurde ihm nach eigener Schilderung bewusst, wie stark Wirtschaft die Landschaft, Lebensräume und Menschen prägt. „Das hat sehr in mir gearbeitet“, sagte Rehn. Dass eine andere, bessere Welt möglich ist, wollte und will er mit Alnatura beweisen. „Wir wollen ein Modellunternehmen sein“, sagt Rehn, und dieser Anspruch gelte bis heute.
Mit den Erfahrungen seiner beruflichen Station bei Nestlé im Gepäck, widmete er sich ab 1984 der Entwicklung von Bio-Produkten. Die hätten vor 40 Jahren nicht geschmeckt und es habe kein Markt für sie existiert. Heute, im Jahr 2024, ist das ganz anders: die Konkurrenz ist riesengroß.
Alnatura in Zahlen
- 153 Alnatura Super Natur Märkte gibt es Ende 2024 (154 in 2023) in 74 Städten und 14 Bundesländern
- 3.540 Mitarbeitende, davon 188 in Ausbildung und Studium
- 1.400 Produkte unter der Marke Alnatura
- 15.000 Filialen in 14 Ländern
Tegut war „Geburtshelfer von Alnatura“
Als „Geburtshelfer von Alnatura“ bezeichnete Götz Rehn den Lebensmitteleinzelhändler Tegut aus dem hessischen Fulda. Das Familienunternehmen war neben DM das erste, das Alnatura-Produkte verkaufte und hat bis heute einen sehr hohen Anteil von Alnatura-Produkten im Sortiment.
2013 wurde Tegut vom Schweizer Genossenschaftsverbund Migros gekauft. Nun will Migros Zürich 120 Stellen in der Verwaltung am Standort Fulda schließen; Geschäftsführer und Gründer-Enkel Thomas Gutberlet hat Tegut im November verlassen. Auf die Frage, wie es für Alnatura bei Tegut weitergehe, antwortete Götz Rehn optimistisch: „Wir müssen uns keine Sorgen machen.“ Mit Migros arbeite man eng und vertrauensvoll zusammen, es besteht auch eine Kooperation. Drei Jahre habe Migros veranschlagt, um Tegut aus den roten Zahlen herauszuholen. Den Plan hält er für realistisch.
Neue Handelspartner fand Alnatura in diesem Jahr mit Wolt und Selgros, die beide zwischen 550 und 650 Alnatura-Produkte ins Sortiment aufgenommen haben.
Dass die Bio-Branche im nächsten Jahr nach der Bundestagswahl vor neuen Herausforderungen stehen wird – davon geht Rehn aus und es schreckt ihn nicht. Der große Zuspruch der Kundinnen und Kunden zeige, „dass die Menschen die positiven Folgen der biologischen Landwirtschaft verstehen und deshalb ihr Einkaufsverhalten ändern“. Dass das politische Handeln „endlich mal Bauern in der Umstellung auf Bio unterstützt“, hoffe er sehr.
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