Das Bio-Handelsunternehmen Alnatura ist auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie weitergewachsen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020/2021, das am 30. September 2021 endete, kletterte der Umsatz um sieben Prozent auf 1,15 Milliarden Euro im Vergleich zum Jahr davor. Der Ausblick sei „vorsorglich pessimistisch-realistisch“, sagte Alnatura-Chef und -Gründer Götz Rehn auf der digitalen Pressekonferenz am Mittwoch. „Wir gehen im aktuellen Geschäftsjahr von einem sehr moderaten Wachstum aus“, ein großes einstelliges Plus werde es 2021/2022 vermutlich nicht werden, teilte Rehn mit.
Als Begründung nannte er die nicht vorhersehbare Entwicklung der Pandemie. Bis vor kurzem kletterte die bundesweite Inzidenz auf immer neue Höhen, die Impfkampagne der Bundesregierung läuft nur schleppend und ein weiterer Lockdown ist nicht mehr ausgeschlossen. „Es ist überhaupt nicht mehr zu planen“, sagte Rehn. Zudem laufe man noch in eine Vorjahressituation hinein mit sehr großen Wachstumsraten. Fasst man die beiden abgelaufenen Geschäftsjahre zusammen, die größtenteils in die Coronakrise fallen, stieg der Umsatz insgesamt um rund 28 Prozent beziehungsweise um 251 Millionen Euro. Für dieses Wachstum brauchte das Unternehmen vor Corona mehr als fünf Jahre.
Für das laufende Geschäftsjahr kündigte Alnatura die Eröffnung weiterer Super Natur Märkte unter anderem in Frankfurt am Main, Braunschweig, Hildesheim, Weil am Rhein, Kiel, Köln und Bad Homburg an. Mitte November eröffnete Alnatura in Schwerin den ersten Markt, der von einem selbständigen Kaufmann geführt wird. Ob dieses Kaufmannsmodell ausgerollt wird, wolle man erst noch entscheiden, sagte Co-Geschäftsführer Rüdiger Kasch.
Konkreter sind die Pläne für ein anderes Partnerkonzept des Unternehmens, nämlich die Ausstattung von selbstständigen Lebensmitteleinzelhändlern mit Produkten, die Alnatura auch in seinen Märkten anbietet. Eine Kooperation gebe es bereits mit sechs selbstständigen Bio-Händlern mit insgesamt zwölf Märkten, teilte Kasch mit. „Auch im nächsten Jahr sollen weitere Partnermärkte entstehen, weil wir davon überzeugt sind, dass es hier auf jeden Fall eine gute Entwicklungsmöglichkeit gibt und auch die Möglichkeit gibt, für Hofläden, für selbständige Bio-Kaufleute in eine enge Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Alnatura zu treten“, erklärte Kasch.
Rehn zu 30 Prozent Bio bis 2030: „Wie soll das erreicht werden?“
Mit den beiden Partnerschaftsmodellen wolle man gezielt die inhabergeführte Handelslandschaft in Deutschland stärken, so Rehn. Gleichzeitig erleichtern die Modelle die Expansion von Alnatura. „Wir können nicht überall in kurzer Zeit einen eigenen Alnatura Super Natur Markt eröffnen. Und insofern wollen wir in den Regionen, in die wir nicht so schnell hineinwachsen können, diese Modelle einsetzen“, sagte Rehn. Aktuell gibt es 143 Super Natur Märkte in 14 Bundesländern. Lediglich Sachsen-Anhalt und das Saarland sind noch weiße Flecken auf der Landkarte.
Im Ausland konnte Alnatura in Österreich mit der Unimarkt-Gruppe einen neuen Handelspartner gewinnen. Das Alnatura-Sortiment ist damit in fast 400 weiteren Märkten dort erhältlich. Ein ebenfalls neuer Handelspartner ist die Rohlik-Gruppe, die in ihren Online-Shops Knuspr und Gurkerl in Deutschland und Österreich sowie Rohlik und Kifli in Tschechien und Ungarn bis zu 900 Alnatura Produkte anbietet. Kasch zufolge habe der Onlinehandel für Alnatura „stark an Bedeutung gewonnen“.
Bei neuen Entwicklungen im Sortiment sprach Rehn unter anderem die Themen Tierwohl (Produkte aus kuhgebundener Haltung, Bruderkalb-Haltung und Weideschlachtung), Vegan (Quark aus französischem und italienischem Soja), gesunde Convenience-Produkte, Regionalität (Bezug von Bio-Hafer aus Bayern sowie eine Kooperation mit dem Start-up Nah und Pur in Berlin und Umgebung) und Mehrwegalternativen bei Mopro- und anderen Produkten an.
Für die Geschäftsleitung, die 2021 auf sechs Personen angewachsen ist, kündigte Rehn weitere Veränderungen an. Den Koalitionsvertrag begrüßte er in Bezug auf das Ziel der künftigen Ampel-Regierung, bis 2030 den Anteil des Biolandbaus an der Landwirtschaft auf 30 Prozent zu steigern. Angesichts der dafür jährlich notwendigen Wachstumsraten von mehr als zehn Prozent stellte er aber auch die Frage, „wie soll das erreicht werden?“. In den Jahren 2019 und 2020 wuchs der Bio-Flächenanteil um 6,1 und 5,5 Prozent.
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