Mit einer mehrjährigen nationalen Werbekampgane unter dem Tital #UnterwegsNachBesser will der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé sein Image verbessern und Problembewusstsein zeigen. Die Botschaft: „Wir sind nicht perfekt, aber unterwegs nach Besser.“
Im ersten Kampagnenjahr stehen nach eigener Aussage die drei Schwerpunktthemen im Mittelpunkt, die einer Marktforschung zufolge Menschen in Deutschland zu Nestlé bewegen: Kinderarbeit, Klima und nachhaltige Verpackung.
Nestlé will unter anderem anhand von Video-Dokumentationen und auf der Kampagnen-Website exemplarisch zeigen, welche Fortschritte das Unternehmen in diesen Bereichen bereits gemacht hat. Bei einer „Nestlé Unterwegs“-Tour im März, die an belebten Plätzen in deutschen Städten Halt macht, sollen Interessierten außerdem die Gelegenheit haben, persönlich mit Nestlé-Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen.
Nestlé will Transparenz und Offenheit nachholen
„Der Dialog ist uns wichtig und fester Bestandteil unserer Kampagne. Wir wollen mit den Menschen sprechen, anstatt dass man über uns spricht. Wir haben einiges an Transparenz und Offenheit nachzuholen, um das bisherige Bild von Nestlé in vielen Köpfen langsam zu verändern“, so Anita Wälz, Director Sustainability and Corporate Communications bei Nestlé Deutschland.
Zum Thema nachhaltige Verpackung sagt Nestlé-CEO Mark Schneider: „Kunststoffabfall ist eines der größten Probleme, mit denen die Welt heute konfrontiert ist." Schließlich habe sich „von 1991 bis 2019 in Deutschland die Menge an Verpackungen von 15,6 Millionen Tonnen auf 18,9 Millionen Tonnen erhöht".
Nestlé verpflichtet sich deshalb nach eigener Aussage zu diesem Vorgehen: „Unser Ziel ist es, dass bis 2025 mehr als 95 Prozent unserer Kunststoffverpackungen für das Recycling ausgelegt sind. An den restlichen 5 Prozent arbeiten wir auf Hochtouren. Erst wenn keine Nestlé-Verpackung mehr in der Umwelt landet, sind wir zufrieden."
„Liebe Nestlé A.G.,
wir freuen uns, dass ihr mit eurer aktuellen Kampagne ein Paradebeispiel für Greenwashing liefert!"
Der Verein Unverpackt, Verband der Unverpackt-Läden, sieht darin nach eigener Aussage ein „Paradebeispiel für Greenwashing" und reagiert auf die Kampagne mit einem offenen Brief.
„Ihr sagt, ihr habt in den letzten 6 Jahren 1,1 Million Tonnen Verpackungsmaterial eingespart. Ohne Vergleichswert allerdings ist diese Zahl nichts weiter als eine Worthülse. Daher fordern wir als Berufsverband der Unverpacktläden euch auf, folgende Frage zu beantworten: Wie viele Tonnen Einwegkunststoff, Altglas, Papier und Verbundstoffe sind seit 2018 allein durch euren Konzern deutschlandweit entstanden?", heißt es da.
Vorschlag an Nestlé: Fördermitglied bei Unverpackt werden
Einen konkreten Vorschlag macht der Verein Nestlé auch: „Da wir uns immer als Teil der Lösung statt des Problems verstehen, schlagen wir euch vor: pro Kilo Verpackungsmüll, den eure Produkte in der Bundesrepublik verursachen, spendet ihr einen einzigen Cent an unseren Verband.
Mit welcher Summe können wir rechnen? Ihr wärt ein ganz einzigartiges Fördermitglied und würdet damit tatsächlich nachhaltiges und ressourcenschonendes Handeln unterstützen. Durch den Einkauf in unseren Mitgliederläden werden nämlich sage und schreibe 84 Prozent Verpackungsmüll entlang der gesamten Lieferkette eingespart."
Gewinnmaximierung statt Verantwortung
Der Verein verweist auf den Widerspruch zwischen der Absichtserklärung des Konzerns und der Ursache der Verpackungsmüll-Flut: „2023 wart ihr der zweitgrößte Plastikverschmutzer weltweit. Ihr verpackt 8-Gramm-Schoko-Minz-Tafeln einzeln, um diese dann weitere dreimal überzuverpacken (ja, das Wort mussten wir uns ausdenken). Ein Kilo Kaffee wird durch euch in 200 Gramm Kapseln geliefert – von einer riesigen Menge Kartonage ganz zu schweigen. Mayonnaise gibt’s im Einwegglas, in Kunststoff oder in Aluminium." Gewinnmaximierung und ständiges Wachstum werde der Verantwortung als weltweit größter Lebensmittelkonzern übergeordnet.
Dieses Vorgehen stehe im krassen Widerspruch zu den vom Konzern selbst gesteckten Zielen. „Die Inhaber:innen von 250 Unverpacktläden stehen täglich in ihrem Betrieb, recherchieren nach Produkten und Ökobilanzen (...), beraten und leisten Aufklärungsarbeit. Und das alles, um vom Großteil der Bevölkerung als zu aufwendig und teuer abgewertet zu werden. Aber hey, wer kann es ihnen verübeln, wenn der Standard (...) von euren Marken und euren Preisen gebildet wird?! Preise und Convenience, die nur funktionieren, weil die Auswirkungen eures Unternehmens auf Mensch und Natur gesamtgesellschaftlich durch Steuern und Abgaben getragen werden müssen?!
Würdet ihr, statt Greenwashing zu betreiben, tatsächlich nach zukunftsfähigen Verpackungslösungen suchen, hättet ihr einen riesigen Einfluss. Nicht alles, was Konsument:innen unbedarft kaufen würden, muss auch produziert und angeboten werden."
Was der Verband fordert
Unverpackt schließt mit dem Appell: „Wir fordern euch daher auf die genaue Menge der von euch in Umlauf gebrachten Einwegverpackungen zu nennen, um tatsächliche Reduktionen skalierbar zu machen, eine Gebühr in Form einer Spende an unseren Berufsverband oder Clean-Up-Initiativen für die Vermüllung der Welt zu entrichten und endlich eurer Verantwortung als Global Player gerecht zu werden und konkrete Bemühungen um zukunftsfähige Verpackungslösungen anzustellen – und das lieber heute als morgen!"
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